Wolfgang Walkers Stimme kennt man, sein Gesicht weniger. Beim Schwäbischen Albverein stellte sich der frühere SWR-Rundfunk-Moderator vor.

Degerloch - Das Etikett klebt an ihm. Dabei wirkt er gar nicht alt genug für so was. Wolfgang Walker, heute 66, bekam den Titel „Rundfunk-Legende“ vom vormaligen Intendanten Peter Voß verpasst, als er in den Ruhestand ging – recht früh zwar noch, aber nach 40 Jahren hinter den Mikrofonen des Süddeutschen Rundfunks und des Fusionssenders SWR. Vergangene Woche war er beim Schwäbischen Albverein im voll besetzten Keller des Degerlocher Helene-Pfleiderer-Hauses zu Gast.

 

Es ist eigentlich eine Mundartreihe, zu der Rolf Schmid den Gast begrüßte. Walker kann auch Schwäbisch. Aber streng genommen ist sein Zungenschlag das Kurpfälzisch seiner Geburtsstadt Mannheim. Und wirklich akzentfrei, so räumte der früh Reingeschmeckte aus Nordbaden ein, wird er das Schwäbische nie hinkriegen. Er habe „schlechte Karten bei den Schwaben“.

„Mich kann nichts mehr überraschen“

Aber beim schwäbischen Radio, da hat er einiges erlebt. „Mich kann nichts mehr überraschen.“ Auch der Abgang von Talker Thomas Gottschalk verwundert ihn nicht. Denn Walker hat das Live-Gespräch kultiviert. Jetzt beklagt er den Niedergang der Gesprächskultur: „Alle Welt kommuniziert, kaum jemand redet miteinander.“ Beim romantischen Essen würden Paare inzwischen SMS austauschen. Beim Spaziergang am Pfaffensee sehe er nur noch abgekapselte Jogger mit Knopf im Ohr.

Die Sendung, die ihn im Programm von SDR 1 zur Legende gemacht hat, hieß „U.A.w.g. – Um Antwort wird gebeten“. Bei der Fusion hätte man auf SWR 4 alles neu machen wollen und dem Erfolgsformat unbedingt den Titel „Wolfgang Walker“ geben wollen. Wie man da die Hörer begrüßen solle, höhnt er noch heute: „Ich begrüße Sie zu Wolfgang Walker etwa?“

Ums Menschliche sei es in dieser Sendung gegangen, um kranke Kinder und vergessene Kindheitsgedichte. Aus diesem Stoff hat Walker vier Bücher mit Geschichten und Gedichten gemacht, von denen er seine liebsten mit seiner wohlklingend sonoren Sprecherstimme vortrug – zwischen allerhand Anekdoten und Erinnerungen.

Neben Besinnlichem gab es auch Makabres

Neben Lustigem und Besinnlichem gab es auch Makabres. „Du Mutter, wenn ich größer bin“ heißt der Band mit der Nachkriegs-Begebenheit um das „Päckle aus Amerika“. Die hungrigen deutschen Verwandten bereiten sich unter all dem Essbaren auch das graue Zeugs zu, das sich dann als Asche des Onkels herausstellt, der in der alten Heimat bestattet sein wollte.

Man kennt Rundfunksprecher gut, aber weiß nicht wie sie aussehen. Seine Glatze gehört zu den Dingen, mit denen Walker zu kokettieren weiß. Er erzählt von dem Italiener, der beschwipst mit seiner Perücke zu grüßen pflegte wie mit einem Hut. An seine Begegnungen mit einem überraschenderweise sehr gläubigen Johannes Heesters erinnert er zwischendurch oder an Peter Frankenfeld, der sich den Kaffee per Modelleisenbahn ins entlegene Arbeitsrefugium seines weitläufigen Gartens kommen ließ.

Fernsehen hat ihn nie gereizt. Aber auch die krampfhaft gute Laune heutiger Morgen-Moderatoren ist Wolfgang Walker ein Gräuel. Schön sei die Studio-Atmosphäre im Morgengrauen gewesen, überhaupt mit seinen christlichen Mitstreitern, den Pfarrern Adelmann und Kuhn. Aber morgens um Fünf den überdreht Ausgeschlafenen zu spielen, das sei ihm trotz des Sendetitels „Gut aufgelegt“ nie eingefallen.

Ein einziges Geschichtchen, das vom Mustopf mit dem Geld drin, lieferte er in seinem kurpfälzischen Ur-Dialekt. Und auch als Mannheimer hatte er beim Schwäbischen Albverein die allerbesten Karten. Man wollte ihn kaum gehen lassen.