Zahlreiche Mitarbeiter der Firma Komet protestieren gegen die Auslagerung ihrer Produktion – mit Erfolg. So schlimm wie befürchtet, werden die kommenden Jahre wohl doch nicht – aber dass sich etwas ändern muss, ist nicht zu ändern.

Region: Verena Mayer (ena)

Besigheim - Der Chef des Betriebsrats war offensichtlich selbst darüber überrascht, wie die Verhandlungsrunde mit seinen Chefs gelaufen ist. Als Jochen Geist am Dienstagmittag die rund 500 Demonstranten am Besigheimer Stammsitz der Firma Komet über das jüngste Gespräch mit der Geschäftsführung informierte, sprach er von einem Sinneswandel und davon, dass nun der Weg frei sei für ein akzeptables Verhandlungsergebnis. Hatten die Demonstranten bis dahin noch so laut getrötet und gepfiffen, dass fast kein Wort zu verstehen war, erstickten sie die Worte des Betriebsratsvorsitzenden anschließend beinahe mit ihrem Applaus.

 

Bis zum Auftritt von Jochen Geist hatten die „Kometler“ befürchtet, dass in den kommenden drei Jahren zentrale Bestandteile ihrer Arbeit ausgelagert und mehr als 100 Arbeitsplätze an den Standorten Besigheim und Stuttgart abgebaut werden. So sah es zumindest das Konzept vor, das Christof Bönsch und Matthias Heinz den Beschäftigten des Werkzeugherstellers im vergangenen Dezember vorgestellt haben. Konkret hätte der Plan der Geschäftsführung bedeutet, dass ein Großteil der Produktion bestimmter Wendeplattenschneider in das jüngst vergrößerte Komet-Werk nach Polen ausgelagert worden wäre. Außerdem hätte die Entwicklung der Mechatronik eingestellt werden sollen, und im so genannten Tec-Center waren ebenfalls starke Einschnitte vorgesehen. So hatte Konrad Ott das ausgedachte Szenario geschildert, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall im Kreis Ludwigsburg. Die Geschäftsführung nannte keine Details.

Ein Kompromiss scheint möglich

Doch nun kommt es offenbar doch nicht so schlimm wie befürchtet. Der neue Vorschlag der Geschäftsführung sieht laut Jochen Geist vor, dass die Mechatronik weiterhin in Besigheim entwickelt wird, die Komet-Produkte weiterhin im hiesigen Tec-Center getestet werden und dass die Produktion der Wendeschneidplatten, die als „Cashcow“ gilt, nicht so stark nach Polen verlagert werden soll wie vorgesehen. Insgesamt sinke die Zahl der abzubauenden Arbeitsplätze damit auf unter 100. Betriebsbedingte Kündigungen hatten Christof Bönsch und Matthias Heinz von Anfang ausgeschlossen. Die Details müssen noch geklärt werden. Doch da die Geschäftsführung ihre Position in „ganz zentralen Punkten“ geräumt habe, sehen der Betriebsrat Geist und der Gewerkschafter Ott nun die Chance für einen Kompromiss, der beide Seiten zufriedenstelle.

Die Ursache für das Umdenken vermuteten die Arbeitnehmervertreter in dem massiven Protest der Belegschaft, der mit der Demonstration auf dem Besigheimer Werksgelände am Dienstag schließlich auch lautstark öffentlichkeitswirksam wurde. „Was Sie uns heute gesagt haben, hätten Sie uns schon beim letzten Mal sagen können“, sagte Konrad Ott. Dazu gehöre auch, dass die Standort- und Beschäftigungssicherung womöglich doch bis zum Ende des Jahres 2021 gelte – und nicht wie zuletzt vorgesehen bis Ende des Jahres 2019.

Einschnitte beim Gehalt sind wahrscheinlich

Komet selbst äußert sich nicht dezidiert zu der neuen Situation. Lediglich, dass man eine „gute Einigung“ finden wolle, hieß es in einer Mitteilung der Geschäftsführung, die stets betonte, dass die Umstrukturierung der Zukunftssicherung diene. In einem „stark angespannten Marktumfeld“, solle das Unternehmen so ausgerichtet werden, dass es wettbewerbsfähig bleibe.

Komet zählt zu den führenden Herstellern von Präzisionswerkzeugen. Weltweit beschäftigt die 1918 gegründete Firma rund 1600 Mitarbeiter, rund 900 davon in Besigheim und Stuttgart. Im Jahr 2015 hat Komet 174 Millionen Euro umgesetzt. Die wichtigsten Absatzbranchen sind der Maschinenbau und die Automobilindustrie.

Begonnen hatte die jüngste Auseinandersetzung im vergangenen Sommer, als die anstehende Tariferhöhung verschoben werden sollte. Der Betriebsrat lehnte dies aus der Sorge vor einer „Salamitaktik“ ab und forderte ein konkretes Zukunftskonzept. Trotz der nun erreichten Modifizierungen – Einschnitte beim Gehalt wird es für Mitarbeiter dennoch geben. Auch diese Details müssen noch geklärt werden. Konrad Ott schätzt, dass durch Abstriche beim Lohn, Urlaubs- und Weihnachtsgeld insgesamt rund neun Millionen Euro eingespart werden könnten.