Die Geburtenrate in großen Städten der Region Stuttgart ist im ersten Halbjahr 2014 deutlich angestiegen. Das beschert den großen Geburtskliniken in der Region einen Babyboom – zum Beispiel am Klinikum Ludwigsburg.

Region Stuttgart - War’s der milde Winter? War’s der heiße Sommer? Regen? Schnee? Bei der Erklärung von abrupten Anstiegen der Geburtenrate stehen Fachleute oft vor einem Rätsel. So steht es zurzeit auch mit dem kleinen Babyboom, der an den großen Geburtskliniken in der Region verzeichnet wird. Beim Klinikum Ludwigsburg ist man laut dem Pressesprecher Alexander Tsongas „schon ein bisschen stolz“ darauf, dass das Haus dank einem erneut satten Anstieg der Geburtenzahl auf Platz zwei der Geburtskliniken in der Region Stuttgart vorrücken könnte.

 

Bereits 2013 stieg die Zahl der Geburten dort auf mehr als 2200 an . Dieses Jahr bestehe die Hoffnung, den Rekord aus dem Jahr 2004 (2284 Geburten) zu knacken. Immerhin wurden im ersten Halbjahr laut Tsongas bereits rund 1200 Geburten verbucht. Die Antwort auf die Frage nach den Gründen fällt ähnlich aus wie bei allen anderen Geburtskliniken. „Wir haben unser Angebot bei der Geburtshilfe erweitert. Das wird honoriert.“

Doch Ludwigsburg ist nicht der einzige Standort mit Wachstumspotenzial. Auch das Klinikum Esslingen befindet sich laut der Sprecherin Anja Dietze auf Rekordkurs. Ende Juni hätten dort bereits 879 Geburten stattgefunden, „wir rechnen in diesem Jahr mit rund 1800 Geburten – also wieder ein deutlicher Anstieg“, so Dietze. Noch vor zwei Jahren habe die Geburtenzahl bei 1526 gelegen. Ähnlich sieht es im Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart aus. Hier stieg die Geburtenzahl von 2012 auf 2013 bereits von 1648 auf 1811 an. Und im ersten Halbjahr 2014 wurden laut der Sprecherin Martina Amrhein bereits 939 Geburten vermeldet.

Nicht repräsentativ, aber durchaus aussagefähig ist die Entwicklung der Geburtszahlen an den fünf größten Geburtskliniken in der Region. Diese stieg im vergangenen Jahr von 10 264 auf 10 707 an. Sollte der Trend aus dem ersten Halbjahr anhalten – was die meisten Kliniksprecher vermuten –, dann könnte die Zahl der Geburten dieses Jahr auf mehr als 11 100 ansteigen. Zum Vergleich: im Jahr 2007 gab es in den fünf Häusern knapp 9500 Geburten.

Die Hauptursache für diesen Trend ist die simpelste aller möglichen Erklärungen: die Geburtenrate in der Region Stuttgart ist leicht gestiegen. Besonders krass ist diese Entwicklung in der Landeshauptstadt. „Im ersten Halbjahr 2014 wurden so viele Kinder geboren wie seit 20 Jahren nicht mehr“, sagt Ansgar Schmitz-Veltin vom Statistischen Amt der Stadt Stuttgart. Bereits 2013 sei der Halbjahreswert mit 2800 Geburten hoch gewesen, in diesem Jahr liege er bei 2985. Dahinter stecke die Tatsache, dass rund 5000 Frauen mehr im Alter zwischen 25 und 40 in der Stadt lebten als noch vor drei Jahren. Auch in Ludwigsburg und Böblingen vermelden die Rathäuser einen Anstieg der Geburtenzahlen.

Ein weiterer Grund für den Anstieg in Ludwigsburg, Esslingen oder Stuttgart ist die Situation der Rems-Murr-Kliniken. Wegen des Neubaus in Winnenden und des Umzugs der Krankenhäuser von Backnang und Waiblingen dorthin wählten viele werdende Eltern ein anderes Krankehaus – bevorzugt in einem Nachbarkreis. So verzeichnete Waiblingen im Jahr 2013 einen Rückgang um 260 auf 1167 Geburten. Generell zeigt sich: überall dort, wo die Geburtsstationen in Richtung sanfte Medizin, Stillberatung, natürliche Geburt umgebaut wurden, steigt auch die Zahl der Geburten an. Stolz verweist beispielsweise der Klinikverbund Ludwigsburg-Bietigheim darauf, dass es in Bietigheim neuerdings einen von Hebammen geführten Kreißsaal gebe und dass das Klinikum Ludwigsburg am bundesweiten Projekt „Förderung der natürlichen Geburt“ teilnehme. Prompt ging die Geburtenzahl von 2012 auf 2013 um 159 auf 1382 nach oben. Auch das kleinere Haus in Herrenberg (Kreis Böblingen) weist rapide steigende Geburtszahlen aus und bewegt sich in diesem Jahr in Richtung der 1200-Geburten-Marke – dies alles laut dem Kliniksprecher Ingo Matheus auch dank der Zertifizierung als „babyfreundliches Krankenhaus“ nach den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation. Als Trendsetter in diesem Bereich gilt die Filderklinik in Filderstadt (Kreis Esslingen), die all diese Dinge schon lange praktiziert und ein großes Einzugsgebiet hat. Kein Wunder, dass das eher kleine anthroposophisch orientierte Krankenhaus in diesem Jahr stolze 1900 Geburten erwartet.