Angehörige der syrisch-orthodoxen Gemeinde wollen mit einer Kundgebung in Göppingen auf die Situation von Christen im Nordirak hinweisen. Die Veranstalter erwarten 300 Teilnehmer. Die Muslime reagieren unterschiedlich.

Göppingen - Mit einem Demonstrationszug durch die Göppinger Innenstadt wollen Angehörige der religiösen und ethnischen Minderheiten im Nordirak und Syrien an diesem Samstag gegen den Terror der Milizen des so genannten Islamischen Staats (IS) protestieren. „Wir fordern die Einrichtung einer Schutzzone für Jessiden, Aleviten, Kaldäer und Christen im Irak“, sagte Sargon Hanna.

 

Der Mann aus Göppingen-Faurndau ist als Vorsitzender der European Syriac Union (ESU) für den östlichen Bereich der Region Stuttgart zwischen Esslingen und Ulm zuständig. Die ESU ist ein Zusammenschluss syrischer Exilorganisationen in Europa und vertritt vor allem die christlichen Minderheiten im Grenzgebiet zwischen Syrien, dem Irak und der Türkei. Der Verein ist eng mit der syrisch-orthodoxen Gemeinde von Antiochien verwoben, der in und um Göppingen rund 2500 Gläubige angehören. Die meisten von ihnen stammen aus der Türkei.

Demonstrationszug in die Neue Mitte

Bereits am vergangenen Samstag hat es eine bundesweite Zentralkundgebung gegen den Terror der IS in Stuttgart gegeben. Das Ziel sei es nun, in einer Welle weiterer Veranstaltungen auf das Leid der Minderheiten hinzuweisen, sagte Hanna. „Wir wollen die deutsche Bevölkerung darüber informieren, was dort mit einer halben Million Menschen passiert.“ Er erwarte 300 friedliche Demonstranten, die um 13.30 Uhr an der Stadthalle starten und in einem einstündigen Demonstrationszug bis zur Neuen Mitte gehen. Dort, im Bereich von Hauptstraße und Freihofstraße beginnt um 14.30 Uhr eine Kundgebung, die bis 16.45 Uhr dauert. Der Marktplatz selbst ist durch eine Veranstaltung belegt.

In Stuttgart haben sich laut Polizeiangaben rund 1800 Menschen versammelt. Dort hat es Kritik gegeben, weil lediglich Vertreter der CDU, darunter der Landtagspräsident Guido Wolf und der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Volker Kauder, auf der Rednerliste gestanden und ihre Solidarität signalisiert haben. In Göppingen wird dies anders sein. Dort hat der örtliche Landtagsabgeordnete der Grünen, Jörg Fritz, sein Kommen zugesagt.

Grüner ist für Waffenlieferungen

Er werde sich auch zur aktuellen Diskussion über Waffenlieferungen an die regionale Kurdenregierung äußern, kündigte Fritz an. „Für mich als Kriegsdienstverweigerer ist das ein heikles Thema. Aber wir können jetzt nicht nur zuschauen“, sagte Fritz. Im vergangenen Jahr hat er den Landeswirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) bei einer Reise in die Kurdenstadt Erbil begleitet. Schon damals hätten dort zahllose Flüchtlinge vor der Brutalität der selbst ernannten Kalifatskämpfer Unterschlupf gefunden.

Aktuelle Informationen aus erster Hand über die Zustände werde ein syrisch-orthodoxer Pfarrer liefern können, sagte Hanna. „Er hat es erst vor wenigen Wochen aus dem nordirakischen Mossul in den Kreis Göppingen geschafft.“ Als Vertreter des evangelischen Dekans wird der Rechberghäuser Pfarrer Michael Hegner ein Grußwort und ein Friedensgebet sprechen. Vom Göppinger Oberbürgermeister Guido Till (CDU) erhielten die Veranstalter hingegen eine Absage. Er sei erst in dieser Woche aus dem Urlaub zurückgekehrt. Wegen der kurzfristigen Anfrage sei es ihm nicht möglich, bei der Demonstration zu sprechen, sagte sein Sprecher. Der Landrat Edgar Wolff (Freie Wähler) befindet sich im Urlaub.

Muslime zwischen Desinteresse und Besorgnis

Etwas Brisanz liegt in der Route, die für den Demonstrationszug gewählt wurde. Sie führt durch die Poststraße, wo sich das Arabische Kulturzentrum befindet. Der salafistisch orientierte Verein wollte sich zu den Ereignissen im Nordirak auf Anfrage nicht äußern. „Wir haben keine Meinung dazu. Die Sache geht uns nichts an. Wir leben in Deutschland, nicht im Irak“, sagte ein Mann, der sich als Sprecher vorstellte, seinen Namen aber nicht nannte.

Ganz anders äußerte sich Vedat Dag, der Vorstandsvorsitzende der Türkischen Vereine im Kreis Göppingen. „Was dort passiert, macht uns große Sorgen.“ Wer einen Menschen töte, töte die ganze Menschheit. Insofern sei es falsch, wenn sich die Kämpfer der Terrorgruppe Islamischer Staat auf den Islam beriefen: „Der Islam ist nicht Terror.“ Deshalb werde er zur Demonstration gehen. Allerdings räumte er ein, dass die muslimischen Organisationen nun selbst Flagge zeigen müssten. „Wegen der Gewalt in Palästina haben wir auch demonstriert.“ Waffenlieferungen an die Kurden zum Schutz der Minderheiten sieht Dag skeptisch. „Ich bin gegen Waffen. Man sollte sie lieber anders unterstützen.“