Wegen der Nazi-Demonstration am Samstag bleiben in Göppingen Läden geschlossen. Geldautomaten werden abgeschaltet. Die Polizei bereitet einen Großeinsatz vor, weil neben den Rechtsextremen auch viele Gegendemonstranten erwartet werden.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Was Göppingen am Samstag erwartet, zeichnete sich bereits am Freitag deutlich ab: die Stadt war im Ausnahmezustand. Etliche Geschäftsinhaber informieren ihre Kunden auf Plakaten, dass ihre Läden „wegen der angekündigten Demonstrationen“ geschlossen bleiben. Banken werden den Zugang zu ihren Geldautomaten sperren. Das Parkhaus in der Bahnhofstraße macht auf Anweisung der Polizei die Schotten dicht. Der Busbahnhof wird in die Mörikestraße verlegt. Aus Parkplätzen werden Halteverbotszonen. Auf dem Gelände der abgerissenen Güterabfertigung stehen bereits zahlreiche Polizeifahrzeuge. Die ersten Einsatzkräfte sind dort mit den Vorbereitungen beschäftigt. Der Grund: rund 200 Demonstranten aus der rechten Szene,die aus ganz Deutschland kommen, halten am Samstag in der Stadt eine Kundgebung ab. Rund 1000 Teilnehmer des Bürger-Bündnisses „Kreis Göppingen nazifrei“ sowie eine zweistellige Zahl an Menschen aus der linken Szene werden zu einer Gegendemonstration erwartet. Und man befürchtet, dass es Randale gibt, wenn die Gruppen aufeinandertreffen.

 

Dass die Neonazis, gerechnet wird mit rund 200 Rechtsradikalen aus ganz Deutschland, am Samstag kommen werden und auch kommen dürfen, steht jetzt fest. Nach den Stuttgarter Verwaltungsrichtern hat nun auch der Verwaltungsgerichtshof Mannheim das von der Stadt Göppingen erlassene Verbot einer Kundgebung der Autonomen Nationalisten kassiert. Und auch ein erst am Donnerstag ergangener Beschluss, dass die NPD – ebenfalls und wie beantragt – eine Kundgebung abhalten darf, hat Bestand. Auf weitere Rechtsmittel hat die Stadt verzichtet.

Keineswegs verzichten werden die Gegner der Neonazi-Aufmärsche indes darauf „Gesicht gegen rechts“ zu zeigen, wie große Plakate unter anderem auf dem Bahnhofsvorplatz und am Rathaus verkünden. Bereits am Donnerstag sind in der Göppinger Gemeinderatssitzung die beiden Tafeln „Respekt – Kein Platz für Rassismus“ an Oberbürgermeister Guido Till übergeben worden. Am Freitagabend nun fand auf dem Marktplatz ein Politik- und Kulturprogramm statt, bei dem zahlreiche Rednerinnen und Redner sowie eine Reihe von Musikgruppen deutlich machten, dass sich Göppingen als Stadt der Vielfalt und der Toleranz versteht.

Nach einem Friedensgebet mit Vertretern verschiedener Glaubensrichtungen, in dem der Rechtsextremismus mit klaren Worten verurteilt wurde, stellten sich die Landtagsabgeordneten aus dem Kreis und der neue CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Färber gemeinsam auf die Bühne, „um ein klares Zeichen gegen Extremismus zu setzen“ , wie Nicole Razavi (CDU) erklärte. Jörg Matthias Fritz (Grüne) fügte hinzu, „dass wir alle, als Vertreter der demokratischen Parteien, keine Krawalle in unserer Stadt wollen“.

OB Guido Till machte deutlich, „dass mir die Schlagzeilen, dass Göppingen eine Nazihochburg sei, wehtun, weil dies nicht der Fall ist“. Vielmehr hätten sich Rechtsradikale von außerhalb die Hohenstaufenstadt als Ziel ausgesucht. „Doch wir werden auch den unerträglichen Samstag, der uns bevorsteht, mit den Mitteln des Rechtsstaats bewältigen“, ergänzte er. In weiteren Erklärungen und Reden von Vertretern des Gemeinderats wurde ebenfalls die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass der Demonstrations- und Kundgebungsmarathon in der Stadt einen möglichst friedlichen Verlauf nehmen möge.

Eine junge Frau im Publikum schien dieses Hoffen nicht wirklich zu teilen: „Ich bedaure die Polizisten, die wieder ihre Köpfe hinhalten müssen, um linke und rechte Chaoten zu trennen“, sagte sie. Ein Streifenbeamter, der zufällig neben ihr stand, konnte da nur zustimmend nicken.