Die bulgarische Rapperin Dena macht Musik zwischen Balkan-Disco und Weltmusik-Rap. Am Sonntag hat sie im Zwölfzehn in Stuttgart ihr Album „Flash“ vorgestellt. Dabei ging es auch um Cash, Diamond Rings und Swimming Pools in der Stuttgarter Halbhöhe.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Es gibt so ein Klischee, nämlich dass sich osteuropäische Parvenus Reichtum so vorstellen: Geld, Klunker und ein hübscher Pool; vielleicht noch ein Rennwagen aus Stuttgart dazu. Und es gibt so eine Rapperin aus Bulgarien, die singt über genau das: „Cash, Diamond Rings and Swimming Pools“. So heißt der Hit von Dena, die am Sonntagabend im Zwölfzehn in Stuttgart gastiert hat.

 

Ja richtig, am Sonntagabend. Für die Veranstalter vom Popnotpop-Büro ist Sonntag der neue Samstag: vergangene Woche haben sie Claire in die Wagenhallen geholt, jetzt Dena ins Zwölfzehn. Das ist zum einen ein Wagnis, weil die Leute auch an einem Tatort-freien Sonntagabend möglicherweise Motivationsprobleme haben, was das Weggehen angeht. Andererseits hat Denas bereits erwähnter Hit mit dem Protz-Refrain in der Szene schon reichlich Beachtung gefunden: im Internet war er ein Hit (mehr als eine Million Klicks), und beim Newcomer-Festival South by Southwest hat die in Berlin lebende Bulgarin auch schon gespielt. Warum also sollte das musikkundige Stuttgarter Publikum nicht das Wochenende mit Dena beschließen?

Musikkundig sind die, die dann tatsächlich ins Zwölfzehn gekommen sind, bestimmt. Hübsch angezogen auch. Keine Massen, aber voll ist der Club trotzdem irgendwie. Eine rauschende Party will hier niemand feiern, tanzen schon – und die Leute sind tatsächlich gespannt, was Dena live kann. Ihr Album „Flash“ gibt es ja schon seit einem Monat zu hören; Spex findet die Platte langweilig, der Musikexpress lobt, dass sich „sehr kluge und differenzierte Gedanken zum urbanen Leben und zum digitalen Zeitalter“ auf der Platte fänden und Spiegel Online hat gleich ein großes Feature geschrieben.

Brust raus und Shake it, Baby!

Auf jeden Fall hebt sich die Musik von Dena ab. Weiblicher Rap mit osteuropäisch akzentuiertem Englisch über einen Mix aus World- und Hip-Hop-Beats ist als Sparte definitiv speziell genug und kann doch potenziell weltweit funktionieren. Schön, dass diese Musik im Club überwiegend live gespielt wird. Dena hat einen Schlagzeuger dabei und, wichtiger noch, Daniel Nentwig. Der ist der Keyboarder bei The Whitest Boy Alive und spielt die weichen Keyboard-Sounds, die schon seiner Hauptband ein schönes Lo-Fi-Gefühl vermitteln: alles ganz weich, aber auch mit ziemlich viel Groove. Obendrauf zeigt Nentwig, dass er Synthie-Sounds draufhat, die jeder Balkan-Disco gut stehen würden: Brust raus und Shake it, Baby!

Balkan-Disco ist auch das Stichwort für die Show von Dena. Oder zumindest eines. Denn die ausschweifenden Melodien mit dem entsprechenden südosteuropäischen Tonvorrat geben dem Konzert doch eine spezielle Note. Dazu kommt eine Mischung aus Rap und Gesang, wie man sie etwa von dem New Yorker Hipster-Kollektiv Friends kennt oder von der mit dem Song „Paper Planes“ aus dem Kinofilm „Slumdog Millionaire“ bekannten M.I.A., die näher am Weltmusik-Genre ist.

Wie damals, in den Neunzigern

Denas Sound ist jetzt schon eigenständig. Er kann weltweit funktionieren, die von Daniel Nentwig live gespielten Basslinien grooven ordentlich und mit ihrem schon aus den Musikvideos bekannten Neunziger-Jahre-Look (kurze Jeans-Latzhose, darunter ein bauchfreies Shirt) bietet Dena auch was fürs Auge. Man muss ehrlicherweise aber auch sagen, dass die Show an der einen oder anderen Stelle noch wacklig ist, und über die reine Schönheit von Denas Gesang lässt sich auch streiten.

Jetzt versöhnlich zu betonen, dass Dena auf der Bühne sehr sympathisch auftritt, würde der Show jeden künstlerischen Anspruch absprechen. Deshalb steht das nur in imaginären Klammern. Viel schöner ist der Moment, als Dena fragt, welcher der anwesenden Stuttgarter einen Swimming Pool daheim habe. „Alle!“, ruft es aus dem Publikum zurück. Und das ist doch eine schöne Selbstironie, auf die „Cash, Diamond Rings and Swimming Pools“ ganz hervorragend passt. Und das darauf folgende, von ihr selbst am Keyboard begleitete „Bad Timing“ auch. Spätestens danach fühlt man sich wie damals, in den Neunzigern.