Das MAN-Stahlhaus an der Oberwiesenstraße wurde vom Landesamt für Denkmalpflege als erhaltungswürdig eingestuft. Dennoch bekam ein Bauträger die Genehmigung, es abzureißen. Anwohner erheben deshalb Vorwürfe gegen die Untere Denkmalschutzbehörde.

Sillenbuch - Sie geben nicht auf. Alexander Prinz von Ratibor und Corvey und seine Frau setzen alle Hebel in Bewegung, um das MAN-Stahlhaus an der Sillenbucher Oberwiesenstraße vor dem Abriss zu bewahren und haben zu diesem Zweck eine Petition beim Landtag eingereicht. Denn aus Sicht des Ehepaars ist die Abrissgenehmigung rechtswidrig.

 

Erteilt hat sie die Untere Denkmalschutzbehörde auf Antrag der Singer Wohnbau GmbH und der Gräber Bau- und Betreuungsgesellschaft mbH. Die Bauträger möchten auf zwei zusammenhängenden Grundstücken zwischen der Oberwiesen- und der Eduard-Steinle-Straße vier Gebäude mit 18 Eigentumswohnungen errichten. Das 1950 von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) gefertigte Stahlhaus soll dafür weichen.

Abrissgenehmigung trotz Denkmalschutz

Am 18. Dezember 2015 wurde die Abrisserlaubnis beantragt, die schriftliche Genehmigung dafür datiert auf den 29. Januar 2016. „Da die Kulturdenkmaleigenschaft nicht bekannt war, stand aus baurechtlicher und städtebaulicher Sicht dem Abbruch nichts im Wege“, teilte das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Ende März auf Anfrage mit. Allerdings ist aus Unterlagen, die unserer Redaktion inzwischen vorliegen, ersichtlich, dass das LAD die Denkmaleigenschaft schon am 24. November 2015 schriftlich fixiert hatte. Das Gebäude sei aus wissenschaftlichen Gründen ein Kulturdenkmal, und wegen seines dokumentarischen und exemplarischen Wertes bestünde ein öffentliches Erhaltungsinteresse, heißt es darin.

Es ist auch die kurze Zeitspanne zwischen Antrag und Genehmigung, die Ratibor Vorwürfe gegen die Untere Denkmalschutzbehörde erheben lässt: Seiner Ansicht nach hatten die Denkmalschützer niemals den Erhalt des Hauses an Ort und Stelle im Sinn. Das schließt er aus einem Gesprächsprotokoll vom 2. Dezember 2015. Damals hatten sich unter anderen Ellen Pietrus, die Leiterin der Unteren Denkmalschutzbehörde, und Gert Clement, der Geschäftsführer der Singer Wohnbau GmbH, getroffen. Der Hinweis Pietrus’ während des Gesprächs, dass unabhängig davon, ob das Haus versetzt oder abgerissen werde, eine wissenschaftliche Dokumentation erfolgen müsse, lässt Ratibor schließen: „Die Abrissentscheidung war schon getroffen und jetzt musste nur noch eine Begründung nachgeschoben werden.“

Experte sieht Rechtsverstoß

Die Begründung erfolgte durch eine Kurzuntersuchung des Architektenbüros Strebewerk vom 22. Dezember 2015. Dass im Falle einer Sanierung „ein hoher Verlust an bauzeitlicher Substanz und insbesondere an Ausstattung“ zu erwarten sei, steht darin, und dass „nach der Sanierung der technikhistorische Aspekt des Kulturdenkmals im Vordergrund“ stünde. Aber eben auch, dass die kurze Stellungnahme lediglich eine erste Einschätzung abbilde und qualifizierte Aussagen erst nach weitgehenden Untersuchungen möglich seien.

Ratibor hat sich mit dem Fall des Sillenbucher Stahlhauses an Dieter Martin, ehemals Direktionsmitglied des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, gewandt. „Mir ist nicht nachvollziehbar, dass die Stadt die Genehmigung vom 29. Januar erteilt hat, obwohl die entscheidenden Untersuchungen nicht vorlagen“, teilt er auf Nachfrage mit und meint: „Die bloße ,Schadensprognose‘ ist lächerlich und für Schlussfolgerungen völlig unzureichend.“ Er hält die Abrissgenehmigung für „willkürlich, rechtswidrig und rücknehmbar“.

Die Denkmalschutzbehörden hüllen sich zu dem Fall in Schweigen: Pietrus selbst darf nach Angaben der städtischen Pressestelle nichts sagen, weil die Prüfung der Petition durch die Oberste Denkmalschutzbehörde, die im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist, noch nicht abgeschlossen ist. Und auch von dort heißt es, man werde sich während des laufenden Verfahrens nicht dazu äußern.

Bauträger zeigt sich gelassen

Gert Clement hingegen hat für die Geschwindigkeit, mit der die Abrissgenehmigung durch war, eine einfache Erklärung: „Es ging schnell, weil ich gedrängt habe. Weil es da um sehr viel Geld geht“, sagt der Geschäftsführer von Singer Wohnbau. Das Bauvorhaben sei keine Unternehmung, die er mal eben aus der Portokasse zahle und die Bank habe auch Sicherheit gewollt. Die Petition macht ihn anscheinend dennoch nicht nervös: „Wir haben alles richtig gemacht und alle Auflagen erfüllt.“ Weil es aber kein Prominenten-Haus ist, zu dem die Menschen pilgern, könne sein Erhalt nur durch eine Bewohnbarkeit gerechtfertigt werden. Aber das Haus sei nicht mehr auf den heutigen Stand zu bringen. In dieser Woche werde das Schadstoffgutachten abgeschlossen. Ob das Haus nun abgerissen oder versetzt wird, will Clement noch nicht preisgeben. Dass es aber nicht an der Oberwiesenstraße bleibt, ist für ihn klar. Was passiert, wenn die Abrissgenehmigung doch noch zurückgenommen wird? „Dann kommt es zu einem Rechtsstreit“, sagt Clement mit aller Entschlossenheit.

Ausstellung und Beispiel