Die Deutsche Bahn feiert mit deutschen und Schweizer Partnern am Sonntag in Basel. Das Publikum erwartet ein buntes Programm mit Infoständen, Führungen, Führerstandmitfahrten und einer Fahrzeugausstellung.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Basel - Bahnreisende aus dem Norden müssen sich wundern, wenn sie in Südbaden deutschen Boden verlassen und dann die Ansage hören: Basel – Badischer Bahnhof. Und dann noch, dass es kurz danach einen zweiten Halt im Schweizer Bahnhof SBB gäbe. Zwei Bahnhöfe in einer Stadt? Gibt es schon, aber einen deutschen Bahnhof im Ausland, einen Bahnhof auf fremdem Territorium, das gibt es weltweit nur einmal, und das ist in Basel.

 

Schuld daran sind die Geografie und die uralte Grenzziehung. Am Rheinknie ist nämlich nicht wie am Oberrhein der Fluss die Staatsgrenze. Wie die Finger einer Hand ragt die Schweiz rechtsrheinisch Richtung Wiesental und Dinkelberg. Das ist seit 1392 beziehungsweise 1522 so: Kleinbasel, Bettingen und Riehen gehören seitdem zur Schweiz, und bevor es Nationalstaaten, Eisenbahnen und Straßen gab, war das nicht so wichtig. Als aber die großherzogliche Regierung von Baden nach 1838 die Schienen der Rheintalbahn nach Süden vorantrieb, wurden die Baseler 1842 in Karlsruhe vorstellig. Sie spekulierten zu Recht darauf, dass die badische Regierung an der Schweizer Grenze keine Endstation, sondern den Zug Richtung Bodensee weiterleiten wollte.

Der Staatsvertrag von 1852 gilt bis heute

1852 wurde ein bis heute geltender Staatsvertrag über die Weiterführung der badischen Eisenbahnen über schweizerisches Gebiet abgeschlossen. Eigentlich wollten die Schweizer einen Kopfbahnhof, die Badener aber einen Durchgangsbahnhof, um die Fahrtrichtung nach Waldshut und Konstanz nicht zu verbauen.

Ab 1855 lief der Zugverkehr, seit 1862 in einem richtigen Bahnhof. Schon bald aber störte der Badische Bahnhof die Stadtentwicklung, und es wurde ein neuer Ort in der Nähe gesucht, am alten wurden später die Basler Messehallen gebaut. Außerdem nahm die Eisenbahn immer schnellere Fahrt auf. Eine Linie nach Säckingen, eine weitere in das Wiesental und eine Verbindung zum Schweizer Centralbahnhof in Basel (heute SBB) wurden innerhalb von wenigen Jahren gelegt. Der Bau der Gotthardbahn 1882 öffnete die Tür für den europäischen Transitweg, der sich von Hamburg bis nach Genua zieht.

Der bis heute im Wesentlichen in der Außenhülle erhaltene Badische Bahnhof wurde am 13. September 1913 nach dreieinhalb Jahren Bauzeit eingeweiht. Zwischen 1982 und 2005 wurde das Innere gründlich umgebaut. Das Wuchtige und Düstere ist weitgehend verschwunden.

Die Nazis hissten 1933 den „Hitlerfetzen“

Wer früher hier aus dem Zug stieg und vor dem Ausgang die Schweizer Grenze übertrat, konnte noch ein wenig nachempfinden, welche schweren Zeiten der Bahnhof auch hatte: der Erste Weltkrieg, als ihn der Schweizer Landsturm am 2. August 1914 besetzte und für den Zugverkehr sperrte. Die Nazis, die im März 1933 den in der Schweiz verhassten „Hitlerfetzen“ am Turm hissten.

Eine Weile war der Badische Bahnhof damals das Schlupfloch für politische oder rassisch Verfolgte, denn die deutsche Polizei hatte nur eingeschränkte Befugnisse. Schweizer Bahngewerkschafter machten immer wieder geheime Türen auf, um Verfolgte in Sicherheit zu bringen. Doch für viele endete der Fluchtversuch dennoch in den Fängen der Gestapo, deren Agenten sich nicht um Recht und Gesetz scherten. Dennoch gelang es den Widerstandsgruppen im Exil, lange Zeit, über den Basler Bahnhof Kurierlinien wie die „Transportkolonne Otto“ für antifaschistische Flugschriften und illegalen Personenverkehr aufrechtzuerhalten. Der offizielle Gütertransitverkehr wurde auch im Krieg nicht eingestellt, deutsche Kohle rollte nach Italien, die Schweiz kassierte Gebühren.

Ein Gourmetlokal mit unbadischen Preisen

Im Prinzip sind heute die Grenzen auch im Badischen Bahnhof offen, seitdem die Schweiz 2008 dem Schengener Abkommen beigetreten ist. Eine Ausweis- und Passkontrolle findet in der Regel nicht mehr statt, allerdings sind deutsche und französische Grenzschützer und Zöllner in den Zügen zwischen Freiburg und Basel unterwegs. Der Bahnhof ist auch eine wichtige Basler Kulturstätte. Im ehemaligen Buffet ist das erste Zentrum für experimentelle Musik der Schweiz unter dem Label „Gare du Nord“ eingezogen, das in kurzer Zeit internationale Reputation gewonnen hat. Im ehemaligen Wartesaal der dritten Klasse logiert das schicke Restaurant Les Gareçons mit anspruchsvoller Küche und vorwiegend unbadischen Preisen.