„Der Bergdoktor“ ist zurück. Mit dem Weihnachtsspecial „Wunschkind“ startet die neunte Staffel der alpinen Arztserie. Ihr Hauptdarsteller Hans Sigl sagt über den altruistischen Retter, den er verkörpert: „,Geht nicht’ gibt’s nicht für ihn“

Stuttgart - Der Frühling war hart ohne ihn, der Sommer war schwierig, und im Herbst hätte man ihn gut gebrauchen können. Aber jetzt ist er nach einem Dreivierteljahr Pause wieder da, der „Bergdoktor“, der in der Lage ist, den Unbill des Alltags, den Stress im Job und das Pech im Privaten vielleicht nicht wegzuzaubern (das maßt er sich nicht an), aber immerhin zu relativieren. Das gelingt der alpinen Arztserie weitgehend ohne Kitsch, und unter Verzicht auf die genretypische Heile-Welt-Soße. Nein, „Der Bergdoktor“ (die Serie und die Hauptfigur gleichermaßen) zeigt schlicht und einfach, dass Empathie erstens möglich ist und zweitens tatsächlich etwas zu bewirken vermag.

 

Im „Weihnachtsspecial“, welches das ZDF traditionell kurz vor dem eigentlichen Staffelstart ausstrahlt, sind Einfühlungsvermögen und Mitgefühl des Dorfarztes Dr. Martin Gruber besonders gefordert: Seine Mutter findet in der „Wunschkind“ betitelten Folge ein paar Tage vor Weihnachten einen ausgesetzten Säugling in der Kirche. Und damit beginnt eine gleichnishafte Tragödie altgriechischen Ausmaßes.

Aus einer einfachen Grundkonstellation, die aus zwei Frauen, zwei Männern und einem Baby besteht, machen die Drehbuchautoren Claudia Kaufmann und Philipp Roth, der Regisseur Jorgo Papavassiliou und allen voraus der zum wirkungsvollen Charaktermimen gereifte „Bergdoktor“-Hauptdarsteller Hans Sigl ein anrührendes Kammerspiel: Die Frau aus der Eventbranche, ihr Ex, ihr Ex-Ex und dessen neue Flamme entfachen ein spannendes Drama des Verstoßens und Hinterherrennens, des Nachweinens und des Verleugnens. Doch der Bergdoktor wird nicht müde, Bekenntnisse einzufordern: das der Mutter zum Sohn, das des Mannes zur Frau – und so weiter. Und dann geht wieder was schief, und erneut sieht alles aussichtslos aus, aber der Bergdoktor gibt nicht auf – ein Streiter für die Empathie.

Emotionen statt Hochleistungsbetrieb

„Ich glaube, das kommt daher, dass er sich bewusst aus dem medizinischen Hochleistungsbetrieb verabschiedet und sich dem emotionalen Aspekt des Arztseins zugewandt hat“, sagt Hans Sigl (46), der Hauptdarsteller, wenn man ihn anruft. Er ist ein erdiger Typ, Kabarettist im Nebenjob, seit acht Jahren der „Bergdoktor“ und am Set in Tirol der Star und zugleich die Seele des Teams. Ein Typ, der sein Wohnmobil umstandslos den Kollegen anbietet und dafür manchmal Zigaretten schnorrt. Kein Fasler, sondern ein Macher, so wie der Bergdoktor: „,Geht nicht’ gibt’s nicht für ihn – so lege ich die Rolle auch an.“

Seine Rolle erzählt von Aufopferungsbereitschaft für andere, vom engagierten Zurechtbiegen zerrütteter Verhältnisse, vom Überzeugen. Wenn dreimal niemand was mit dem Findelkind zu tun haben möchte, dann fährt der Bergdoktor Martin Gruber unerschütterlich eben ein viertes Mal mit seinem alten, grünen Mercedes durch den Tiroler Schnee und bearbeitet die uneinsichtige Zielperson. Hans Sigl, der ihn verkörpert, sagt: „Grundsätzlich kann man niemanden zu seinem Glück zwingen, denke ich. Aber Martin Gruber ist der Meinung, dass man jemandem mit Nachdruck zeigen kann, das Glück mit anderen Augen zu sehen.“

Das gefällt mittlerweile Vielen: Bei der achten „Bergdoktor“-Staffel Anfang des Jahres schalteten zeitweise mehr als sieben Millionen Zuschauer ein – ein sensationeller Wert für eine Donnerstagabend-Serie. Und eine Verlockung, der man widerstehen will: „Wir würden einen Fehler machen, wenn wir nur auf die Einschaltquoten schielen würden und nicht auf die Geschichte und die Figuren schauen“, sagt Hans Sigl, dem am Ende der letzten Staffel sein Antipode abhandengekommen ist, das dauernd betrunkene Ekel, dessen Tochter er liebte und schließlich aus lauter Verzweiflung wegschickte: „Arthur Distelmeier ist in der letzten Staffel verstorben. Das hat eine große Lücke hinterlassen, sowohl dramaturgisch, als auch mit dem Kollegen Martin Feifel. Die zu füllen, war eine große Herausforderung.“

Kein Stein wird auf dem anderen bleiben

Ob das Unterfangen gelungen ist, wird man ab 3. Januar in der neunten „Bergdoktor“-Staffel sehen. Im Weihnachtsspecial „Wunschkind“ jedenfalls fällt auf: Die Gruber-Brüder Martin und Hans haben mit ihrem Widersacher Arthur auch gleich noch ihre Gefährtinnen verloren. Anne und Susanne, verstoßen die eine, fortgerannt die andere, tauchen im Weihnachtsspecial gar nicht erst auf; die Gruber-Brüder, Arzt der eine, Landwirt der andere, leben mittlerweile offenbar zölibatär.

„Wir haben uns im Winterspecial bewusst dafür entschieden, der Episodengeschichte mehr Raum zu geben. Mit der emotionalen Geschichte der Brüder geht es dann ab Folge 1 wieder los“, sagt Hans Sigl und verrät schon, dass Anne und Susanne wieder mitmischen werden. Sein eigenes Beziehungsleben gelingt dem Bergdoktor nämlich längst nicht so gut wie die Heilung seiner Patienten. Hans Sigl verspricht: „Diesmal wird kein Stein auf dem anderen bleiben – bis dahin, dass der Gruberhof im Lauf der Staffel völlig leer sein wird.“

Denn beim „Bergdoktor“ ist – wie im richtigen Leben – vieles anders, als es zunächst den Anschein hat. Gerade bei diesem Weihnachtsspecial: Da gibt diese Frau ihr Kind weg, weil sie . . . aber nein. Besser selber schauen. Ist großartig, wirklich.