Wegen Mordes aus Grausamkeit an ihrer kleinen Tochter Yagmur hat das Landgericht Hamburg eine 27-Jährige zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Frau hatte ihr Kind über Monate schwer misshandelt. Der Vater griff nicht ein.

Hamburg - Sie quälte ihre Tochter monatelang, bis die dreijährige Yagmur kurz vor Weihnachten 2013 starb. Wegen Mordes aus Grausamkeit hat das Landgericht Hamburg die Mutter am Dienstag zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Den 26-jährigen Vater sprach das Gericht wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen schuldig und verfügte eine Gefängnisstrafe von viereinhalb Jahren. Die 27-jährige Mutter kann auf eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren hoffen: Das Landgericht stellte entgegen der Forderung der Staatsanwaltschaft keine besondere Schwere der Schuld fest. Die Angeklagten können gegen die Entscheidung Revision einlegen.

 

Der Fall sei für das Gericht besonders belastend gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Bülter, „vor allem angesichts des Ausmaßes, in dem Yagmur gelitten hat“. Hamburg - 83 Verletzungen zählte der Rechtsmediziner auf der Leiche des Kindes. Der Körper war mit blauen Flecken, Narben und Schwellungen übersät, die Leber gerissen. Die Täterin habe in „unbarmherziger Gesinnung“ gehandelt, sagte Bülter. Sie habe sich durch ihre Tochter und ihren Mann in ihrer Freiheit eingeschränkt gefühlt. Immer häufiger habe sie das Mädchen attackiert, die Blutergüsse mit Puder getarnt. Sie schminkte sogar Yagmurs Leiche, bevor der Notarzt kam.

Gleichgültig gegen die Qualen des Kindes

Nach Feststellung des Gerichts hat die Mutter ihr Kind am Ende nahezu täglich gekratzt, gekniffen und „ohne jedes Mitleid“ mit Faustschlägen gegen Kopf und Oberkörper traktiert. Den Schmerzen und seelischen Qualen des Kindes habe sie ebenso „gleichgültig“ gegenübergestanden wie der Möglichkeit seines Todes.

Der Vater sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein fürsorglicher Vater gewesen, befand der Richter. Er habe es aber versäumt, Yagmur wirkungsvoll vor ihrer eigenen Mutter zu schützen und seine Frau lediglich gebeten, eine Therapie zu machen. Bedauerlicherweise sei er nicht über den „richtigen Ansatz“ zum Schutz seiner Tochter hinausgekommen: „Sie hätten viel, viel mehr tun müssen.“

Yagmurs Fall hat landesweit Entsetzen hervorgerufen, weil das Mädchen zeitlebens von diversen Jugendämtern betreut wurde. Bevor das Kind auf Drängen der Behörden zu seinen leiblichen Eltern zurückgeführt worden war, hatte es bis zum Alter von zwei Jahren bei einer Pflegemutter gelebt. Diese hatte die ersten Verletzungen des Kindes nach Kurzbesuchen bei den leiblichen Eltern bereits gemeldet, als Yagmur sieben Monate alt war. Anfang 2013, kurz nach der Rückführung, hatte ein Rechtsmediziner Anzeige wegen schwerer Misshandlung erstattet, nachdem Yagmur mit einer Hirnverletzung in ein Krankenhaus kam.

Scharfe Kritik an den verantwortlichen Behörden

Der Richter kritisierte die Jugendhilfebehörden scharf. Dort habe es viele „Fehlentscheidungen und Versäumnisse“ gegeben. Die Summe der Unzulänglichkeiten habe dazu geführt, dass Yagmur nur drei Jahre und zwei Monate alt wurde. Das sei beschämend. Ein Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft will seinen Abschlussbericht zum Vorgehen der Behörden am 18. Dezember vorlegen – dem Todestag von Yagmur. Gegen zwei Mitarbeiterinnen der Bezirksämter Eimsbüttel und Mitte sowie die Erzieherin, die einen Schutzauftrag vom Jugendamt hatte, ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft.