Der Frühling kommt, die Leute gehen raus und die Wirte spüren die gute Laune der Menschen in der Kasse. Einige Gastronomen erwirtschaften die Hälfte ihres Umsatzes im Freien.

Stuttgart - Was für ein Unterschied: Die Menschen hetzen nicht mehr, als säße ihnen der Kältetod im Nacken, sondern flanieren wieder – und manchmal verweilen sie sogar in einem Café. So wie Tom Richardson, ein US-Amerikaner, der am Schlossplatz sitzt und ein Radler trinkt. Er besucht einen Freund, der in Stuttgart studiert, genießt die Sonne und die Tatsache, dass er in aller Öffentlichkeit Alkohol trinken darf. „Mit meinen 20 Jahren bekomme ich zuhause noch kein Bier. Hier setze ich mich einfach hin, bestelle, trinke was und schaue den Leuten zu.“

 

Hugo Martin aus Sevilla ist der Arbeit wegen in Stuttgart und etwas verwundert darüber, dass man hierzulande im Mantel und mit Decke draußen sitzt. „Bei uns meidet man die Sonne, hier in Deutschland sucht man sie.“ Ihm selbst sei es noch zu kühl, wobei es zuhause auch noch nicht wärmer sei. Für Peter Arnold ist es schon warm genug. Er verbringt die Mittagspause draußen und ist gottfroh, dass die Sonne endlich wieder scheint. „Wenn man den ganzen Tag im klimatisierten Büro sitzt, ist es herrlich, mittags im Freien zu sitzen.“ Das mache er denn auch, so oft es geht.

Bedeutung der Außengastronomie ist gestiegen

Das freut die Wirte. Sie spüren die Sonne am Umsatz. Alexander Laub, Inhaber des Terrazza am Schlossplatz, der „1986 der Erste war, der Stühle und Tische auf die Königstraße stellte“, gibt an, dass er 50 Prozent seines Umsatzes durch die Außengastronomie erziele. Ganz so viel sei es bei Carls Brauhaus nicht, sagt der Geschäftsführer Osman Madan. „In der Übergangszeit bringt uns die Außengastro aber bestimmt 20 Prozent mehr Umsatz ein.“ Denn sobald die Sonne da ist, seien die ersten seiner 180 Plätze im Freien belegt – und viele dieser Gäste kämen und konsumierten nur, weil sie vom Wetter dazu animiert würden. Auch für Remo Heine vom Grand Café Planie sind die Plätze im Freien enorm wichtig. In Prozent könne er die Bedeutung der Außengastro für den Umsatz zwar nicht ausdrücken, aber in den vergangenen 30 Jahren sei diese auf jeden Fall gestiegen. „Alles spielt sich heute draußen ab, besonders bei den jungen Gästen“, sagt er.

Das bestätigt Jürgen Kirchherr, Hauptgeschäftsführer der Dehoga Baden-Württemberg: „Der Stellenwert der Außengastronomie ist extrem hoch – und er nimmt beständig zu.“ Tatsächlich ist in Stuttgart die Zahl der genehmigten Straßenwirtschaften auf öffentlichen Verkehrsflächen von 483 im Jahr 2011 auf 568 im Jahr 2016 gestiegen. Zudem beantragen die Gastwirte zumeist die maximal mögliche Fläche.

Außenbewirtung leistet einen Beitrag zur Stadtbelebung

Nicht zu unterschätzen und zu vergessen sei dabei, dass die Außengastronomie nicht nur für die Wirte wichtig ist, sondern auch einen wichtig Beitrag zum Stadtleben und zur Stadtbelebung beitrage, sagt Kirchherr. „Darum tut jede Kommune gut daran, die Gebühren, die sie für die genutzten Quadratmeter Straßenraum erhebt, verantwortungsvoll zu bemessen“. Dahingehend gäbe es allerdings große Unterschiede im Land, er vermisse eine Einheitlichkeit oder einen erkennbaren Maßstab.

Stuttgart liege im Landesvergleich im Mittelfeld, sagt Kirchherr. Für Sitzgelegenheiten sind pro angefangenem Quadratmeter beanspruchter Straßenfläche je nach Wertigkeit des Straßenraums und den Öffnungszeiten des Lokals zwischen 2,20 und 7 Euro monatlich zu zahlen. Auf der Königstraße wird zusätzlich ein Zuschlag in Höhe von 20 Prozent erhoben. „Das ist trotz der Umsatzsteigerung durch die Außengastro eine große Zusatzbelastung für die Betriebe“, so Kirchherr.