Die Stuttgarter Kickers treffen am Freitag auf Kiel. Aus dem Aufstiegsduell des Vorjahres wird Abstiegskampf. Die Kickers haben zuletzt zweimal gewonnen, jetzt soll eine kleine Serie her.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Der Kickers-Präsident Rainer Lorz ist in der vergangene Woche medial einmal als „Frühstücksdirektor“, bezeichnet worden. Das war ein wenig despektierlich, wobei man dem Autor andererseits durchaus zukunftsweisende Fähigkeiten bescheinigen kann. Denn an diesem Mittwoch betätigte sich der Vereinsboss tatsächlich als Frühstücks-Direktor – zumindest im übertragenen Sinne. Der Verein hatte die Sponsoren zu einem „Blauen Frühstück geladen“, und immerhin 68 Partner folgten in dieser aufgewühlten Zeit dem Aufruf. Bei dieser Gelegenheit im Vip-Raum des Gazi-Stadions wurde auf den Schlussspurt in der Liga eingeschworen unter dem Motto „gemeinsam nach oben“, wie es Lorz ausdrückte.

 

Wobei nach oben – ganz anders als zum gleichen Zeitraum im Vorjahr – nicht Richtung zweite Liga bedeutet, sondern schlicht und einfach raus aus dem Abstiegsrängen: Der Anfang wurde zuletzt mit den beiden Siegen gemacht, nun soll an diesem Freitag gegen Holstein Kiel (19 Uhr) „eine kleine Serie gestartet werden“, wie es der Trainer Tomislav Stipic ausdrückt.

Treueschwur auf Stipic

Die sportliche Leitung und Vorstand haben jedenfalls ihre Treueschwur auf den 36-Jährigen ausgesprochen, was sich aktuell auszuzahlen scheint. Wobei der Kroate inzwischen durchaus leisere Töne angeschlagen hat, was in der Situation des Vereins kein Fehler sein kann. „Wir müssen fleißig bleiben“, sagt Stipic, der unter der Woche wieder einige Systeme einstudiert hat, was wohl für die Flexibilität der Mannschaft sprechen soll. In Cottbus jedenfalls agierte die Mannschaft überraschend in dem alt bewährten 4-3-3, gegen Kiel ist das eher unwahrscheinlich, schon allein deshalb, weil in Edi Jordanov und Erich Berko zwei Schlüsselspieler gesperrt fehlen. Letztendlich zählt sowieso nur, dass Verteidigung und Angriff wissen, was sie zu tun haben oder: „Dass wir uns blind verstehen“, wie es Stipic ausdrückt.

Er lobt zusehends den Teamgeist, um den es aus seiner Sicht nicht zum Besten stand, deshalb ja auch die etwas fragwürdigen Suspendierungen von Marchese und Müller. „Ich kann verstehen, dass das für Unruhe gesorgt hat“, gibt Lorz jedenfalls zu, der nicht zuletzt deshalb nach dem Erfolgserlebnis von Cottbus sehr befreit gewirkt hat. „Wir machen solche Entscheidungen ja nicht aus Jux und Tollerei“, betont der Präsident, „und man kann da auch unterschiedlicher Meinung sein.“ Nur eines weist Lorz weit von sich: „Von einem Chaos bei den Kickers zu sprechen, ist völlig unangemessen.“

Stipic spricht von gelungener Mischung

Während der Trainer nun von einer gelungen Mischung aus Alt und Neu spricht, hört der Präsident diese Formulierung nicht so gerne, doch genau darauf zielt der Konflikt der vergangenen Wochen: ein recht radikaler Umbruch mitten in der Saison. Nachdem vor der Winterpause noch von ein bis zwei Verstärkungen die Rede war, sind es jetzt fünf geworden, wobei José Ikeng ja bis auf weiteres ausfällt. Und damit war der Prozess nicht abgeschlossen. Diese Woche kam, eher zufällig, heraus, dass sich auch die Hierarchie abrupt verändert hat. Auf Nachfrage bestätige Stipic am Mittwoch: Es gibt nur noch zwei Kapitäne – Baumgärtel und Sattelmaier, obwohl diese Entscheidung schon vor zwei Wochen gefallen war. Die bisher hinter Marchese positionierten Marc Stein und Sandrino Braun hätten die Entscheidung professionell aufgenommen – was bleibt ihnen auch anderes übrige.

Im Moment steht allein der Klassenverbleib im Fokus – aber es gibt auch ein Leben nach der Saison (hoffentlich in der dritten Liga). Und man darf gespannt sein, was dann personell passiert. Marchese Vertrag läuft aus, Müllers nicht – und ob Sandrino Braun noch ein Angebot bekommt, ist mehr als fraglich. So musste ja auch Elia Soriano im Winter gehen und traf am Mittwoch für seinen neuen Club Würzburg gleich doppelt zum 3:0 (neben dem Ex-Kickers-Spieler Nick Fennell) – sehr zum Ärger des ehemaligen Trainer Horst Steffen, der bei Gegner Münster seine Aufstiegshoffnungen begraben konnte.

Das Spitzenduell des Vorsaison Kickers gegen Kiel mutiert dagegen zum Abstiegskampf. „Die hatten auch andere Erwartungen, das ist ähnlich wie bei uns“, sagt Stipic. Mit einem Unterschied: Selbst in den stürmischsten Zeiten haben die Kieler an Trainer Carsten Neitzel festgehalten.