Der Metropolexpress der Bahn muss im Halbstundentakt bis Geislingen fahren, fordert der Göppinger Landrat. Dafür sei wohl genug Geld da, wenn jetzt an anderer Stelle auf der Alb ein Bahnhofsneubau als sinnvoll und förderfähig angesehen wird.

Region: Corinna Meinke (com)

Geislingen - Im Ringen um eine bessere Verkehrsanbindung Geislingens möchte der Kreis Göppingen alle denkbaren Potenziale ausloten. Dazu zählt die geplante Teilnahme am Landeswettbewerb „Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ und die Forderung nach einem Metropol-Express im Halbstundentakt. Der Landrat Edgar Wolff hat den Bedarf nach dieser schnellen Zugverbindung bis Geislingen gegenüber dem Verkehrsminister bekräftigt, und der Verkehrsplaner des Kreises setzt angesichts des immer wahrscheinlicher werdenden Interregio-Halts in der Albgemeinde Merklingen (Alb-Donau-Kreis) ebenfalls nach.

 

„Es kann nicht zu Lasten Geislingens gehen“

„Wenn etwas auf der Alb passiert, wird das von uns nicht torpediert, aber es kann nicht zu Lasten Geislingens gehen“, untermauerte der Verkehrsplaner Jörg-Michael Wienecke die Position der Kreisverwaltung. Seitdem der Verkehrsminister Winfried Hermann den Bau eines Bahnhofs in Merklingen und den IRE-Halt als volkswirtschaftlich sinnvoll und förderfähig bezeichnet hat und dafür eine Eilfinanzierung stricken möchte, sieht der Kreis wieder bessere Chancen, nun auch eine Anbindung im Halbstundentakt bis in das äußere Mittelzentrum im Osten der Region Stuttgart durchzusetzen. Er stützt sich dabei auf den ÖPNV-Pakt des Landes, der bisher zumindest den stündlichen Metropolexpress bis Geislingen garantiert.

Das Argument Geldmangel ist für den Kreis vom Tisch

Angesichts von Regionalisierungsmitteln des Bundes für den Bahnverkehr, für die es bereits eine Zusage gibt, sei die Argumentation des Landes, es gebe momentan nicht genug Geld, den Metropolexpresses über Süßen hinaus tatsächlich bis nach Geislingen zu schicken, vom Tisch, sagte Wienecke. Er signalisierte zugleich Verständnis für die unterschiedlichen Positionen im Kreis. So fürchtet Geislingen eine Verlagerung des öffentlichen Verkehrs vom Filstal zu den Albgemeinden rings um Merklingen, während sich Hohenstadt und Drackenstein im Oberen Filstal auf die Seite der Befürworter des Bahnhofs im Nachbarkreis geschlagen haben.

Der Landrat verlangt den Halbstundentakt bis Geislingen

Auch wenn die Kreisverwaltung beide Positionen versteht, setzt das Landratsamt alles daran, in Stuttgart die unzulängliche Verkehrsanbindung Geislingens auch wegen des fehlenden B-10-Weiterbaus erneut in Erinnerung zu bringen. So verlangt der Landrat in einem Brief an den Verkehrsminister, mit maßgeschneiderten Angeboten auf der Schiene – sprich: dem Metropolexpress im Halbstundentakt – gegenzusteuern und die Situation Geislingens zu verbessern.

Innovative Ideen für den ländlichen ÖPNV gesucht

Weil es hervorragend zur Situation rund um Geislingen passe, will die Verwaltung jetzt auch am Landeswettbewerb „Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ teilnehmen und hat sich dafür grünes Licht vom zuständigen Kreistagsausschuss geben lassen. Falls der Zuschlag erfolgt, könnten zwischen Wiesensteig und Geislingen sowie zwischen Donzdorf und Süßen neue Partnerschaften und Vernetzungen im Personennahverkehr gestrickt werden, um das dürftige Angebot der Linienbetreiber in den Abendstunden und an den Wochenenden, wenn zu wenige Menschen unterwegs sind, aufzubessern.

Eine Mobilitätszentrale für Geislingen

Dazu möchte Wienecke Taxiunternehmer, Carsharingangebote, Anbieter von Leihfahrrädern und natürlich die Busse im Filsland Mobilitätsverbund in ein gemeinsames Boot holen und in einer Mobilitätszentrale unter ein Dach zu bringen, die wohl im Geislinger Bahnhof am richtigen Ort angesiedelt wäre. Ähnlich wie in Göppingen, das ebenfalls über eine Mobilitätszentrale nachdenkt, gibt es im Geislinger Bahnhof einen kleinen Vorläufer: Es handelt sich um die Außenstelle des Filsland Mobilitätsverbundes, dort können bereits Bahnkunden ihre Fahrkarten kaufen.

Soziale Dienstleister sollen mit ins Boot

Weil der sich verschärfende Wettbewerb auch innovative Ideen angesichts der Herausforderungen der alternden Gesellschaft fordert, liebäugelt der Verkehrsplaner mit Beziehungen zu neuen Partnern. Dies könnten beispielsweise soziale Mobilitätsdienstleister sein, die neben Krankenfahrten zur Dialyse oder zur Bestrahlung möglicherweise freie Kapazitäten haben. „Das ist für uns noch Neuland, man muss sehen, was organisierbar ist, und das könnte man in einem solchen Projekt aufarbeiten“, sagt Wienecke.

Schon jetzt beschäftigt sich ein Bachelorpraktikant im Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur offenbar mit Vorüberlegungen zum Geislinger Raum, die bei der Formulierung der Unterlagen für den Wettbewerb „Innovativer ÖPNV“ hilfreich sein könnten. Für die eigentliche Konzeption eines Geislinger Modellvorhabens schlägt Wienecke allerdings den Einsatz von externem Sachverstand vor und hat angeregt, dass auch diese Kosten in die Förderung durch das Land einfließen.