Topbanker Dirk Notheis, Mitglied im CDU-Vorstand, hat mit dem Ministerpräsidenten den Rückkauf des Energiekonzerns eingefädelt.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)
Stuttgart - Der zweitwichtigste Mann fehlte. Als Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) die Medien am Montag mit dem Coup überraschte, dass Baden-Württemberg für fast 4,7 Milliarden Euro Aktien des Energieunternehmens EnBW vom französischen Staatskonzern EdF zurückkaufen werde, begleiteten ihn seine Kabinettskollegen Willi Stächele und Ulrich Goll. Doch die beiden Minister wirkten wie Statisten im Vergleich zu einer weiteren Schlüsselfigur, die gar nicht zu der eilends einberufenen Pressekonferenz im Landtag gekommen war, seitdem aber umso mehr die Gespräche beherrscht. Es handelt sich um jemanden, der in der Landespolitik bestens bekannt ist und dort noch immer mitmischt: Dirk Notheis (42), in den neunziger Jahren Landeschef der Jungen Union und bis heute Beisitzer im Vorstand der Südwest-CDU. Nach seiner aktiven Zeit in der Politik hat der promovierte Ökonom aus Ettlingen eine steile Karriere in der Finanzbranche gemacht. Seit knapp zwei Jahren ist er Vorstandschef der deutschen Tochtergesellschaft der US-Investmentbank Morgan Stanley. Er gilt als einer der politisch am besten vernetzten Banker der Republik - und als einer der engsten politischen Freunde und wichtigsten Ratgeber von Mappus.

Viele Parteifreunde horchten natürlich auf, als der Name der Investmentbank bekannt wurde, die den Milliardencoup mit eingefädelt und begleitet hat: Morgan Stanley. Notheis persönlich war nach Auskunft aus Regierungskreisen an Vorbereitung und Umsetzung der Transaktion zentral beteiligt, zusammen mit Mappus führte er auch die Gespräche bei der EdF in Paris. Ein solcher Auftrag wäre für viele andere Banken hoch attraktiv. Laut Staatsministerium erfolgte die Vergabe "im Einklang mit dem Vergaberecht direkt, das heißt ohne Ausschreibung". Zur Vergütung will die Regierung wenig sagen: "Die Höhe ist vertraulich." Es handele sich jedoch nicht um 0,8 Prozent des Transaktionsvolumens, wie Branchenkenner vermuten, sondern um einen Betrag "weit" darunter. Selbst die Hälfte davon wäre freilich immer noch eine zweistellige Millionensumme.

Notheis tritt oft an Mappus` Seite auf


Warum ausgerechnet Morgan Stanley beauftragt wurde, mag die Investmentbank nicht verraten. Zu einzelnen Kunden und Transaktionen, heißt es in der Frankfurter Deutschlandzentrale lediglich, äußere man sich grundsätzlich nicht. Kundige Beobachter verweisen einerseits auf die Expertise und die Kontakte, die Notheis und seine Leute unbestritten mitbringen. Andererseits sei es bei einem derart gewichtigen, unter höchster Geheimhaltung geplanten Geschäft von Vorteil, wenn sich die Akteure kennen und vertrauen.

Doch Notheis und Mappus kennen sich derart gut, dass der laut Staatsministerium erste offizielle Auftrag des Landes für Morgan Stanley in der politischen Szene lebhaft erörtert wird. Bis heute ist ihr Kontakt erheblich enger, als es öffentlich sichtbar wird. Schon als Fraktionschef traf der Pforzheimer sich immer wieder mit dem Ettlinger - mal zum Abendessen in Frankfurt, mal in der gemeinsamen nordbadischen Heimat. Als Mappus im Februar im Landtag vereidigt wurde, saßen Notheis und seine Frau in der ersten Reihe auf der Besuchertribüne. Unlängst wurde dem Ehepaar samt Kleinkind eine besondere Ehre zuteil: Als Mappus samt den vier Fraktionschefs in Rom eine Audienz beim Papst erhielt, durften sie in der streng kontingentierten Delegation mit dabei sein - für den ehemaligen Messdiener Notheis eine bewegende Begegnung. Er lasse sich regelmäßig von Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft begleiten, erläuterte der Ministerpräsident die Auswahl einsilbig.