Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann war am Donnerstag in Filderstadt. Er hat sich die Probleme der Städte im Kreis Esslingen angehört.

Filderstadt - Der Mann ist im Stress. Der nächste Termin sitzt ihm im Nacken. Deshalb hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Donnerstagvormittag nur eine gute Stunde Zeit für ein Treffen mit den Oberbürgermeistern des Landkreises Esslingen im Filderstädter Rathaus. Und danach erklärt er im Beisein von Filderstadts Oberbürgermeister Christoph Traub, worum es bei dem Gespräch hinter verschlossenen Türen gegangen ist. Eine Viertelstunde muss dafür reichen

 

Er sei gekommen, um sich anzuhören, wo der Schuh drückt, sagt der Ministerpräsident. Und OB Traub ergänzt später, als Kretschmann schon wieder unterwegs ist: „Wir sind gerade mal am Hühnerauge des großen Zehs vorbeigekommen.“ Das wichtigste Thema des Treffens, an dem auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz und seine Stellvertreterin Andrea Lindlohr teilnahmen, sei die Wohnungsnot gewesen, so Winfried Kretschmann. „Wir haben die Probleme durchgenudelt.“

Zweckentfremdungsverbot sei Sache der Kommune

Die Kommunen würden zuallererst darunter leiden, dass ihnen die Flächen für neuen Wohnungsbau ausgehen, so der Ministerpräsident. Auf Nachfrage wollte er sich in der Pressekonferenz aber nicht für das Zweckentfremdungsverbot aussprechen. Mit diesem Instrument, das Tübingen kürzlich eingeführt hat, können Eigentümer verpflichtet werden, ihre leer stehenden Wohnungen an Flüchtlinge zu vermieten. Kretschmann sagte dazu: „Es ist Sache der Kommunen, ob sie zu diesem Mittel greifen wollen.“

Für Verzögerungen beim Bauen sorgten auch die Vorschriften des Baurechts. Offenbar war seitens der Oberbürgermeister auch kritisiert worden, dass es in den Kommunen immer wieder aus Umweltgesichtspunkten Widerstand von Grünen gegen Bauprojekte gebe. Die Rathauschefs hatten Kretschmann außerdem von Klagen bei Gericht berichtet, die von den potenziellen Nachbarn der Flüchtlingsunterkünfte eingereicht werden und so die Projekte verzögern. Außerdem hätten die Kommunen vor Ort für die Sprachförderung und die Integration der Flüchtlinge zu sorgen, so Kretschmann.

Darin sieht Oberbürgermeister Traub die wesentliche Herausforderung für die Städte. „In 15 Jahren wird man erkennen, dass die Unterbringung der Leute das kleinste Problem war“, sagt er. Man müsse dafür sorgen, dass sozialer Wohnungsbau in den Orten und nicht am Ortsrand entstehe, um so die Leute besser integrieren zu können. „Dafür brauchen wir die finanzielle Unterstützung des Landes“, sagt der Oberbürgermeister. Er hält Bund und Land vor, dass sie ihre Haushalte in ein paar Jahren schuldenfrei haben wollen. „Die Kommunen müssen sich aber deswegen verschulden“, sagte Traub.

Kreidezeit im Klassenzimmer soll Geschichte sein

Winfried Kretschmann erklärte, dass er zum Zuhören gekommen sei. „Wir haben nicht verhandelt“, sagte er. Es sei aber so, dass er jetzt mit zusätzlichen Informationen in die Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden gehen könne.

Zu den Themen, die beim Gespräch mit den Oberbürgermeistern nur gestreift wurden, zählte der Ministerpräsident die Förderung der Schulneu- und -ausbauten. „Wir planen, die Kreidezeit in den Klassenzimmern zu beenden“, erklärte Kretschmann zur Notwendigkeit eines modernen Unterrichts.

Die Kommunen hätten außerdem die Digitalisierung und den damit verbundenen Ausbau des Breitbandnetzes angesprochen, sagte Kretschmann. Die Verkehrsprobleme seien zu kurz gekommen. Man sei sich jedoch einig gewesen, dass mit neuen Straßen im Kreis nicht mehr viel zu erreichen sei, erklärte OB Traub. Man setze auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Kretschmann habe sich in diesem Zusammenhang gegen den sechsspurigen Ausbau der B 10 ausgesprochen, sagte sein Sprecher Arne Braun in der Pressekonferenz.