Der Birkenkopf heißt auch Monte Scherbelino, weil er nach dem Krieg aus Trümmern aufgeschüttet wurde. Die Pläne dafür stammen von Manfred Pahl.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-West - Er konkurriert mit dem Fernsehturm um den schönsten Blick. Vom Birkenkopf aus sei die Sicht auf die Stadt noch imposanter als vom Degerlocher Wahrzeichen aus, sagen die Freunde des Birkenkopfs. Immerhin lassen sich von hier aus die Schwäbische Alb, der Nordschwarzwald und das Unterland erkennen. Mit seinen 511 Metern ist der Birkenkopf die höchste Erhebung im Kessel und wegen des fulminanten Rundblicks eines der beliebtesten Ziele für Spaziergänger.

 

Dabei ist seine jüngere Entstehungsgeschichte, die ihn zum beliebten Aussichtspunkt machte, sehr traurig. Die ursprüngliche, natürliche Erhebung war 40 Meter niedriger als es der Birkenkopf heute ist. Zwischen 1953 und 1957 wurden hier 1,5 Millionen Kubikmeter Trümmer zerbombter Häuser aufgefüllt. Der Birkenkopf trägt im Volksmund deshalb auch den Namen „Monte Scherbelino“. Stuttgart war im Zweiten Weltkrieg durch 53 Bombenangriffe fast zur Hälfte zerstört worden.

Die Pläne stammen von Manfred Pahl

Angelegt wurde der Trümmerberg nach den Plänen des Malers und Architekten Manfred Pahl (1900 bis 1994). In den 50er Jahren leitete Pahl in der Stadtverwaltung die Abteilung für Grünplanung. In den darauffolgenden Jahrzehnten war er im Verschönerungsverein tätig, der auch auf dem Birkenkopf aktiv war. Nach Pahls Idee wurde der Berg so angelegt, dass ein nach Norden und nach Osten geöffnetes Halbrund mit Blick auf die Stadtmitte entstand. Ein umlaufender Weg führt rund um den terrassenförmigen Berg zum Gipfel. Oben angekommen, geht der Spaziergänger durch ein stattliches Portal aus zerbrochenen Mauersteinen und zerschlagenen Säulen, auch ein zerstörter Reichsadler ist dabei. Die Trümmer der zerbombten Häuser sind stets präsente Mahnmale gegen den Krieg.

Der Birkenkopf ist also weit mehr als eine Aussichtsplattform, denn kaum jemand kann sich hier der Geschichte des Zweiten Weltkriegs entziehen. Die Baufragmente sind wallartig aufgehäuft und begrenzen die Gesamtanlage. Eine Gedenktafel erinnert an die Opfer des Zweiten Weltkriegs. Im Nordosten der Plattform erhebt sich die so genannte Kanzel, die ebenfalls aus Baufragmenten aufgetürmt wurde. Im Osten steht das weithin sichtbare, zehn Meter hohe Stahlkreuz.

Neues Kreuz mit Spenden finanziert

Seit 1953 mahnt es zum Gedenken. Ursprünglich stand hier ein Holzkreuz. An diesem hatte der Zahn der Zeit jedoch seine Spuren hinterlassen – es musste wegen Einsturzgefahr entfernt werden. Am Buß-und Bettag 2003 wurde das neue Kreuz aus Stahl eingeweiht. Finanziert wurden die 22 000  Euro Kosten für das neue Kreuz vollständig über Spendengelder. Von den Spenden hatte 10 000  Euro der Verschönerungsverein gesammelt. Ebenfalls vom Verein stammt der Orientierungstisch mit einer Bronzeplatte, den er 1991 installieren ließ. Auch der Tisch wurde mit Spendenmitteln finanziert.

Zwischen Ostersonntag und September hält die Evangelische Gesamtkirchengemeinde jeden Sonntag von acht Uhr morgens an auf dem Birkenkopf einen Gottesdienst ab. „Manchmal kommen nur zehn Leute, manchmal ist er sehr gut besucht“, weiß Rosemarie Herter, die den Gottesdienst im Rahmen der Reihe „Kirche im Grünen“ organisiert. Bis in die 1980er Jahre wurden bei den Gottesdiensten auf dem Birkenkopf noch spezielle Liturgieblätter verwendet, in denen besonders auf die Geschichte des Trümmerbergs eingegangen wurde. Heute folgt der Gottesdienst dem jeweiligen Thema, das die Landeskirche für die Kirchengemeinden vorgibt. Auch archäologisch machte der Birkenkopf von sich reden: Bei Grabungen 1937/38 wurden dort Objekte gefunden, die darauf schließen lassen, dass schon in der Steinzeit Jäger und Sammler auf dem Birkenkopf Station gemacht haben.