Mit seinem Wechsel nach Wolfsburg hat Max Kruse die nächste Stufe auf der Karriereleiter genommen. Jetzt will der Stürmer auch in der Nationalelf wieder angreifen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Frankfurt - Es gibt da diese nette Geschichte aus seiner Freiburger Zeit, die das Naturell des Max Kruse ganz gut beschreibt. Damals fuhr der schnelle Stürmer mit dem „lockeren Spruch auf den Lippen“ (O-Ton Kruse) noch einen Maserati mit einer Aufsehen erregenden Camouflage-Tarnlackierung. Gerne ließ er die 400 Pferdestärken auch in den Gassen der vor Fahrrädern strotzenden Universitätsstadt aufheulen. Doch als Kruse dies eines Tages ausgerechnet vor dem Lieblingscafé seines Trainers Christian Streich tat, da hat ihm der Chef kurz darauf den Kopf gewaschen.

 

Nein, ein angepasster, aalglatter Fußballprofi ist dieser Max Kruse wirklich nicht. Eher ein hellwacher Charakterkopf, der auch gerne mal alles auf eine Karte setzt. Also ist der 27-Jährige in der Bundesliga-Sommerpause wieder nach Las Vegas gereist und hat sich dort zehn Stunden täglich an den Pokertisch gesetzt, was für einen Leistungssportler eine echte Herausforderung ist. Bluffen kann er: 2013 hat Kruse im US-Spielerparadies in der World Series of Poker 36 000 Euro an Preisgeld gewonnen. „Ich mache das aber nicht, um Geld zu verdienen“, sagt der 27-Jährige, „sondern, weil es mein Hobby ist.“

An diesem Mittwochmittag sitzt Max Kruse nun in der Lobby der Frankfurter Villa Kennedy, dem Stammquartier der deutschen Fußball-Nationalelf, streicht mit den Fingern durch seinen zarten Kinnbart – und lässt sich mal wieder nicht in die Karten blicken. „Ich finde, die Konkurrenzsituation ist gigantisch“, sagt er vor dem Länderspiel gegen Polen am Freitag (20.45 Uhr/RTL) über die Besetzung der eigenen Offensive. Ob er im Duell mit Thomas Müller, Mario Götze oder Kevin Volland für sich einen Weg in die Startelf sieht? „Ich kann mich dem Bundestrainer nur im Training anbieten“, weicht der Wolfsburger aus: „So, wie ich das immer getan habe.“

Ein dicker Kumpel von Martin Harnik

Es gibt aber durchaus auch Zeiten, da nimmt Max Kruse auch abseits des Pokertisches das Heft des Handelns gerne in die eigenen Hände. „Rückblickend habe ich im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen getroffen“, sagt der gebürtige Hamburger („Auch im Fußball hilft ein bisschen Abgezocktheit“), der für zwölf Millionen Euro aus Gladbach nach Wolfsburg wechselte. Als Jugendlicher spielte er noch gemeinsam mit seinem dicken Kumpel Martin Harnik vom VfB beim Vorortclub SC Vier- und Marschlande. Danach hat Kruse, der nun von der Agentur Arena Elf um den Ex-Nationalspieler Thomas Strunz beraten wird, eine Karriere aus dem Bilderbuch hingelegt. Mit den Stationen FC St. Pauli, SC Freiburg, Mönchengladbach und Wolfsburg ging es die Karriereleiter stetig einen Schritt nach oben. Dass Begriffe wie Vereinstreue dabei wie eine Vokabel aus dem Fremdwörterbuch anmuten, nimmt einer wie Max Kruse gerne hin.

Gegen den Vorwurf, allein des Geldes wegen bei der VW-Fußballtochter angeheuert zu haben, wehrt sich Kruse allerdings energisch: „Ich wollte auf einem Topniveau ankommen“, sagt er, „und beim VfL habe ich die Möglichkeit, immer oben mitzuspielen.“ Dennoch soll es vor seinem Abgang am Niederrhein zwischen ihm, dem Beraterteam und dem Borussen-Manager Max Eberl geknirscht haben. Dabei ging es offenbar auch um die Frage, ob Max Kruse (13 Länderspiele, drei Tore) inzwischen ein richtiger, also gestandener Nationalspieler sei. Denn in diesem Fall, so besagte es offenbar die Vertragslage, hätte dem Stürmer eine satte Gehaltserhöhung zugestanden.

Kurz vor der WM wurde er aus dem DFB-Kader gestrichen

Fußball-Weltmeister ist Max Kruse eindeutig nicht. Überraschend ist der Angreifer, seinerzeit mit zwölf Toren und elf Vorlagen der Topscorer der Bundesliga, kurz vor der WM aus dem Kader gestrichen worden. Schnell machte das Gerücht die Runde, der Angreifer hätte sich im Herbst 2013 im Länderspiel in England einen disziplinarischen Ausrutscher erlaubt. Die „Bild“-Zeitung berichtete gar von „Damenbesuch im Mannschaftshotel“. Doch der Bundestrainer Löw bleibt bis heute dabei: „Die Nicht-Nominierung hatte allein sportliche Gründe.“

Seine zweite Chance hat sich Max Kruse mit sehr guten Leistungen verdient. „Die Erwartungshaltung in Deutschland ist, dass wir unsere Gruppe dominieren müssen“, sagt er vor dem Duell in der EM-Qualifikation gegen Polen in Frankfurt, dem am Montag in Glasgow das Spiel bei den Schotten folgt. Dies sei aber angesichts der Stärke der Gegner keinesfalls selbstverständlich. „Wir werden alles reinwerfen, um möglichst mit zwei Siegen auf Platz eins zu kommen“, ergänzt Kruse, „denn auf dieser Position sehen wir uns selbst am liebsten.“