Die einen halten den verschrobenen Kommissar Kluftinger für einen altbackenen Provinzheini, die anderen bringt er mit seinen feinsinnigen Beobachtungen zum Lachen. Jetzt erscheint der siebte Krimi der Reihe. Anlass für ein Pro und Kontra.

Stuttgart - Fast zwei Jahre nach Krimi „Schutzpatron“ erscheint am Dienstag Kommissar Kluftingers siebter Fall. „Herzblut“ heißt das neue Buch des Autorenduos Michael Kobr und Volker Klüpfel, deren Romane stets auf die vorderen Plätze der Bestsellerlisten geklettert sind. Kluftinger gilt derzeit als die erfolgreichste deutsche Krimifigur. Doch die Lektüre spaltet: Die einen bringt der verschrobene Kommissar aus dem Allgäu zum Lachen, die anderen können ihm nichts abgewinnen und verweisen Kobr und Klüpfels Bücher in die Ecke der Heimatkrimis. Anlass für ein Pro und Kontra.

 

Pro: wohltuend selbstironisch

Kobra, Krähe, Kuh – immer wieder sonntags mache ich brav Tierchen auf meiner Matte. Yoga ist nichts Exotisches mehr, sondern längst von der Krankenkasse anerkannt. Drum würde im Jahr 2013 niemand mehr auf die Idee kommen, sich über die Figuren und deren schräge Namen lustig zu machen. Niemand bis auf einen: Kommissar Kluftinger. In seinem siebten Fall „Herzblut“ gerät der Ermittler in eine Yogastunde, geleitet von Doktor Langhammer. Und es kommt, wie es kommen muss: die Stunde gerät zum Slapstick. Sich über Yoga lustig zu machen, das ist weder originell noch zeitgemäß, aber wie immer bei Kuftinger so lustig, dass man nicht anders kann, als laut aufzulachen.

Yoga, Wellnesshotels, Smarts, Skype, Indoor-Golf-Simulatoren, iPhones – die Autoren Michael Kobr und Volker Klüpfel schreiben das auf, was jeder denkt, sich im Zeitalter 2.0 aber niemand mehr zu sagen traut. Kobr und Klüpfel tun das aber nicht wie verbitterte Ewiggestrige, sondern outen sich als feinsinnige Beobachter, mit der seltenen Fähigkeit zur Selbstironie. Inzwischen werden die beiden in Sippenhaft mit der Masse an Verfassern sogenannter Heimatkrimis genommen.

Ein bisschen Agatha Christie, ein bisschen „Ocean’s 12“

Doch Kobr und Klüpfel sind nicht die Florian Silbereisens der Bestsellerliteratur. Ihre Krimis handeln nicht vom Mord in der Blaskapelle, sondern verneigen sich augenzwinkernd vor den Meisterwerken der Detektiv- und Gaunergeschichten. Mal ermittelt Kluftinger wie Agatha Christis Hercule Poirot, mal planen die Verbrecher einen ähnlich akrobatischen Coup wie bei „Ocean’s 12“, und diesmal hat es Kluftinger mit so grausamen Morden zu tun wie Henning Mankells Kurt Wallander. Die Allgäuer Fälle sind nicht so plump angelegt, wie Kluftingers simpel gezeichneter Charakter vermuten lässt.

Kluftingers einziger Hang zu Selbstzerstörung liegt in seiner Vorliebe für fettiges Essen. Das mag rückwärtsgewandt sein. Doch vor allem ist es wohltuend, dass dieser Ermittler nicht wie viele seiner Kollegen an der Gesellschaft verzweifelt, sondern sich in ihr bewegt – zwar wie ein Elefant im Porzellanladen, aber glücklich und zufrieden.

Kontra: Unerträglich hinterwälderisch

Ich liebe das Allgäu. Ich liebe Krimis. Beide entführen mich in wohltuend andere Welten, beide bedienen Sehnsüchte, die in meinem Alltag in der Region Stuttgart sonst wenig bis keinen Platz haben. Im Allgäu genieße ich die Natur, die Berge, die Ruhe, so entspannt wie in den Bergen bin ich selten. Krimis wiederum leisten einen nicht zu unterschätzenden Beitrag, mich vor dem Gefängnis zu bewahren. Wenn ich mitlesen und -fiebern kann, wie zwischen den Seiten gemordet wird, muss ich mir schon selber nicht die Hände blutig machen, wenn mich die lieben Kollegen, die Familie, die Freunde und Bekannten mal wieder maßlos aufregen. Ich liebe also das Allgäu, und ich liebe Krimis. Aber Kluftinger kann ich trotzdem nicht leiden.

Der weiß ja nicht einmal, was skypen ist!

Fast tut er mir leid. Als Regionalkrimiheld muss man ja den Provinzheini geben. Aber ein in Lohn und Brot stehender Kriminalkommissar, der nicht weiß, was skypen ist? Dem nicht klar ist, dass er schon die Webcam zudecken muss und nicht das Gesicht seines Gesprächspartners am Computerbildschirm, wenn er verhindern will, dass der Typ da im Rechner ihm über das Internet zusieht? Der im Jahr 2013 schon beim bloßen Gedanken an einen Urlaub in Kroatien so tut, als schicke man ihn nach Stalingrad – und das praktisch nur, weil es dort keine Kässpatzen gibt? Nix für ungut, aber das ist dann doch ein bisschen mehr hinterwäldlerischer Provinzmief, als das Allgäu vertragen kann.

Dass Kluftinger ein alter Hypochonder ist, der zwar nichts für seine Gesundheit tut, trotzdem viel Angst hat um sein Leben und noch viel mehr vor seinem Antiintimus Doktor Langhammer, macht es nicht besser. Diese Bähmulligkeit nervt schon nach ein paar Seiten, und sie wird nicht lustiger dadurch, dass der Leser schon nach knapp 60 Seiten weiß, was Kluftinger erst auf Seiten 383 erfährt: dass er beim Arzt nämlich ein Telefongespräch mit dem Installateur und nicht mit einem Herzexperten belauscht hat. Dass Doktor Langhammer also nicht über die Herzprobleme des Kommissars, sondern über die kaputte Pumpe der Heizungsanlage doziert hat.