Die Pfleiderers sind eine ganz spezielle schwäbische Familie. Nicht nur, dass sie sehr zahlreich sind, auch Prominente wie der Dübel-Erfinder Artur Fischer zählen zu ihnen. Nun hat sich der Familienverband neu gegründet.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Am Freitagnachmittag herrscht im Degenhof am Ortsrand von Winnenden-Hertmannsweiler ungewohnter Parkplatzmangel. Grund dafür ist eine Schar von 130 Menschen, die sich auf dem Platz vor einem leer stehenden großen Gebäude am Scheurenrain versammelt haben, um den Worten des Heimathistorikers Kurt Bihlmaier zu lauschen. Das besondere an dem Publikum: alle sind miteinander verwandt, auch wenn sich manche bis zu diesem Tag noch nie gesehen haben. Nach rund 80 Jahren findet zum ersten Mal wieder ein Treffen des Pfleiderer-Familienverbandes statt. Der Degenhof gilt als Keimzelle des riesigen Clans.

 

130 Personen erscheinen zum ersten Treffen

„Es wären sogar noch mehr gekommen, aber 130 Personen sind das Limit für den Versammlungsraum“, sagt Angelika Pfleiderer vom örtlich Küchenhaus Pfleiderer. Sie hat mit ihrem Mann Erich die Organisation des Treffens vor Ort in die Hand genommen. Unter anderem wurde in ihrer Firma das Podest geschreinert, das für das Familienfoto notwendig war. „Zuerst hat jemand gemeint, das könnte man mit Bierbänken machen, aber da war ich dagegen“, sagt Erich Pfleiderer. Von höchstens 80 Personen sei man ausgegangen, als vor einem Jahr die Idee geboren wurde, wieder ein Treffen zu organisieren. Das Letzte hatte in den 1930er-Jahren stattgefunden.

„Matthäus Felder habe ich im vergangenen Advent kennengelernt“, sagt Susanne Schuster aus Greiling bei Bad Tölz, deren Mutter eine geborene Pfleiderer war. Susanne Schuster beschäftigt sich schon lange mit Familienforschung. Auf der Suche nach dem Grab ihrer Großmutter, stieß sie bei ihrer Recherche zuerst auf das Pfleiderer-Buch, das auf den früheren Pfleiderer-Familienverband zurückgeht, und bei ihren weiteren Nachforschungen auf Matthäus Felder aus Lichtenstein bei Reutlingen, dessen Großmutter eine Pfleiderer war. „Die Idee, ein solches Treffen zu veranstalten, ist dann ziemlich schnell entstanden“, sagt Matthäus Felder.

Susanne Schuster suchte aus Telefonbüchern alle Personen mit dem Nachnamen Pfleiderer im Großraum Stuttgart heraus. „Viele sind schon älter und beschäftigen sich deshalb nicht so sehr mit Facebook. Die Jungen interessieren sich dafür nicht für Ahnenforschung“, erklärt sie die mühsame Methode der Familienforschung. Von den 80 angeschriebenen Personen meldeten sich immerhin 35. Und diese verbreiteten in ihrem Verwandtenkreis weiter, dass ein Treffen geplant sei.

Der Dübel-Erfinder Artur Fischer ist ebenfall ein Pfleiderer

Zu der Zusammenkunft sind Pfleiderers aus allen Himmelsrichtungen angereist. Den weitesten Weg haben zwei Schwestern: Suse Harvey, geborene Pfleiderer, die mit ihrem Mann aus Südfrankreich anreiste, und ihre Schwester Gudrun Pfleiderer, die seit 45 Jahren in Madrid lebt. Aus dem Schwarzwald ist der prominenteste Teilnehmer nach Hertmannsweiler gekommen: der bekannte Unternehmer und Dübel-Erfinder Artur Fischer, dessen Mutter eine Pfleiderer war. Ihm zu Ehren ist das Goldene Buch der Stadt Winnenden zum Treffen gebracht worden, in das sich nicht nur Fischer, sondern auch die anderen Pfleiderers sich eintragen durften.

Der große Bauernhof im Degenhof gilt als das Stammhaus der Familie. „Die älteste Eintragung eines Pfleiderers hier stammt aus dem Jahr 1574“, sagt Kurt Bihlmaier, der im Sommer von Angelika und Erich Pfleiderer engagiert worden war, den historischen Hintergrund zu erforschen. „Davor hatte ich mit der Familiengeschichte der Pfleiderers noch nichts zu tun gehabt.“ Sozusagen mit Vollgas stürzten sich er und sein Heimatforscherkollege Jochim Ehlers in die Arbeit und werteten Kirchenbücher aus. Die Mühe hat sich gelohnt, denn der Vortrag Bihlmaiers schlägt seine Zuhörer in Bann. Schafwolle war das Geschäft ihrer Vorfahren, bis zu 800 Tiere hielten sie im Degenhof. Und die Familie mischte auch politisch mit. Einer ihrer Vorfahren war Schultheiß in Hertmannsweiler.

Der Familienverband ist neu gegründet

Das Treffen soll nicht das letzte gewesen sein. „Wir wollen den Familienverband wieder erstehen lassen, mit Satzung, Vorstand und Mitgliederbeitrag“, sagt Matthäus Felder, der zum Schriftführer gewählt wurde. Zu dessen neuen Vorsitzenden sind nun Angelika Pfleiderer und Reiner Pfleiderer aus Berglen bestimmt worden.