Der Skoog ist ein neuartiges, würfelförmiges Instrument, auf dem (fast) jeder Musik machen kann. Zum Beispiel Menschen mit Behinderungen. Die Musikschule Unteres Remstal schafft dank eines Zuschusses des Sozialministeriums mehrere Exemplare an.

Waiblingen - Er fühlt sich gut an und nimmt eigentlich nichts übel – egal, ob man ihn zart streichelt oder kräftig knufft, dreht oder schüttelt. Im Gegenteil: der Skoog belohnt Berührungen jeglicher Art mit einem mal leiseren, mal lauteren Ton – je nachdem, mit welcher Kraft sein würfelförmiger Körper aus flexiblem Schaumstoff bearbeitet wird. „Mal drücken?“, fragt Heiko von Roth, der Leiter der Musikschule Unteres Remstal, und zeigt auf den Skoog vor sich auf dem Tisch. Mit seinen halbrunden Beulen in Rot, Orange, Grün, Blau und Gelb sieht er wie ein fröhlich-buntes Spielzeug aus. Und spielen, das soll man auch – mit und auf ihm – Musik nämlich (siehe „Musik machen mal anders“).

 

Fast jeder kann den Skoog nutzen

Denn selbst wenn man es dem Skoog auf den ersten Blick nicht zutraut: In der würfelförmigen Schaumstoff-Box steckt ein ganzes Orchester – vom Klavier bis zum Kontrabass, von Congas bis Querflöte. Zudem unterschiedlichste Geräusche, die man auch selbst aufnehmen kann. Möglich machten das eine ganze Reihe von Sensoren, wie sie auch in Handys und Autos verbaut werden, erklärt Heiko von Roth. Zum Einsatz kommen außerdem eine spezielle Software für die Steuerung und ein Rechner oder ein Tabletcomputer. Das neuartige Instrument hat der Musikschulleiter im vorigen Jahr zufällig entdeckt – und war sofort fasziniert.

Denn der Skoog ist so konstruiert, dass fast jeder Mensch mit seiner Hilfe Töne und Geräusche machen und sich so ausdrücken kann. „Der Skoog lässt sich so einstellen, dass selbst Menschen, die mit den Fingern kaum Druck ausüben können, fähig sind, Töne zu erzeugen“, sagt von Roth: „Wenn die Sensitivität entsprechend eingestellt ist, reicht ein leichtes Tippen mit den Fingerspitzen.“ Oder auch mit dem Kinn, der Schulter, einer Zehe.

„Der inklusive Gedanke ist bei anderen Instrumenten irgendwann erschöpft“, sagt Heiko von Roth. Der Skoog aber, der an der Uni Edinburgh in Schottland erdacht worden ist, eröffne ganz neue Möglichkeiten für eine Zielgruppe, „bei der wir mit dem klassischen Instrumentarium am Ende sind“. Heiko von Roth denkt beispielsweise an Menschen mit Behinderungen: Ihnen könnte der Skoog Erfolgserlebnisse, neue Ausdrucksmöglichkeiten und letzten Endes mehr Selbstbewusstsein und ein besseres Selbstwertgefühl geben.

Das alles funktioniert ganz ohne Notenkenntnisse: Statt Notenblättern kommen Farbtafeln zum Einsatz, die dem Nutzer zeigen, welche bunte Beule er oder sie wann betätigen muss.

Keine Konkurrenz zu klassischen Instrumenten

Vielleicht trägt der Skoog langfristig auch dazu bei, dass mehr inklusive Orchester entstehen. Die Musikschule Unteres Remstal jedenfalls will nun ein Projekt mit Bewohnern der Diakonie Stetten starten. „Ich hoffe, dass es uns gelingt, auch Schüler der Musikschule dafür zu begeistern, dass sie mitmachen“, sagt Heiko von Roth. Er sieht den Skoog als Ergänzung: „Er soll nichts, was da ist, ersetzen und keine Konkurrenz zu den klassischen Instrumenten sein.“ Ohnehin müsse man beim Skoog in Sachen Blasinstrumente Abstriche beim Klang machen, bei Percussioninstrumenten sei der Sound aber sehr gut.

Denkbar sei auch ein Einsatz bei Menschen mit Demenz, sagt von Roth. Im Land seiner Erfinder komme der Skoog auch in Schulen oder bei Projekten an sozialen Brennpunkten zum Einsatz. Auf jeden Fall werde man die Dozenten im Umgang mit dem Skoog schulen, um dessen Potenzial zu zeigen, das vom Klang einer Mandoline bis zum Meeresrauschen reicht.

Musik machen mal anders

Instrument
Der Skoog ist das Ergebnis eines Projekts an der Universität von Edinburgh. Dort erhielten Studenten – angehende Maschinenbauer, Softwareingenieure, Musiker und Therapeuten – die Aufgabe, ein neuartiges Instrument zu entwickeln, das eine große Bandbreite von Menschen mit und ohne Behinderungen spielen können. 2008 war der Skoog fertig entwickelt.

Skoogmusic
Im Jahr 2010 gründeten Projektbeteiligte das Start-up-Unternehmen Skoogmusic. Inzwischen haben die britischen Schulbehörden den Skoog in den Lehrplan für sonderpädagogischen Förderbedarf aufgenommen

Projekt
Die Musikschule Unteres Remstal schafft nun insgesamt zehn Skoog-Instrumente an. Möglich ist dies dank eines Zuschusses, den das baden-württembergische Sozialministerium für innovative Inklusionsprojekte gewährt. Die Musikschule Unteres Remstal erhält aus dem Fördertopf 16 000 Euro.