Der „Tatort“ aus Münster feiert Jubiläum. Im 30. Fall von Kommissar Thiel und Gerichtsmediziner Boerne trachtet ein neidischer Kollege dem Professor nach dem Leben. Wird Axel Prahl seinen Kollegen Jan Josef Liefers retten können? Will er es überhaupt?

Kultur: Tim Schleider (schl)

Münster - Es ist soweit! Der „Tatort“ aus Münster will wieder ernst genommen werden. Jahrelang hat der WDR die schnuckelig-kabbelige Quasi-Lebenspartnerschaft von Axel Prahl und Jan Josef Liefers; pardon: von Kommissar Thiel und Professor Boerne immer stärker zur Krimi-Parodie zugespitzt und so die Zuschauerzahlen auf sagenhafte 13 Millionen getrieben – und nun plötzlich steht ein Thriller ins Haus: „Feierstunde“ heißt die dreißigste Ausgabe des Münster-„Tatorts“ mit dem Traumteam und will den Zuschauern 90 nervenzerfetzende Minuten bescheren.

 

Weil Boerne ihm im Kampf um knappe Fördergelder einige Millionen Euro weggeschnappt hat, stapft dessen Professorenkollege Götz mit der Pumpgun unterm Arm zur Feierstunde ins Rathaus von Münster und schießt vor versammelten Runde den Gerichtsmediziner zu blutigem Brei. Diese wirklich schön inszenierte „Tatort“-Eingangssequenz entpuppt sich zwar nach und nach erst einmal nur als Tagtraum des Patienten Götz aus seiner aktuellen Therapiestunde mit der Psychologin.

Aber der Hass auf Boerne sitzt tatsächlich tief – weniger, weil der Gerichtsmediziner zu seinem Kollegen garstig und herablassend wäre; das ist er ja bekanntlich zu allen. Schlimmer wiegt, dass Götz die Fördergelder dringend für seine Forschungen zur Bekämpfung der Krankheit ALS gebraucht hätte; seine eigene Frau leidet an der tödlichen Nervenlähmung. Was bisher nur Fantasie war, wird darum bald zur Realität: Götz will Boerne an den Kragen. Eine kleine Kollegen-Feierstunde des Instituts im „Gasthof zur Post“ entwickelt sich zur Geiselnahme. Mittels Gift soll Boerne qualvoll sterben – wenn Kommissar Thiel nicht rechtzeitig hilft.

Ja, das hätte tatsächlich ein spannener Thriller werden können. Aber das Buch von Elke Schuch ist so grauenhaft schlurig, so voller Handlungs- und Logiksprünge, noch dazu strotzend vor dramaturgischen Ambitionen und überflüssigen Handlungsnebensträngen, dass der Regisseur Lars Jessen wohl auch nichts mehr reißen konnte und der Zuschauer schon nach 45 Minuten innerlich fleht, das Sondereinsatzkommando möge bitte endlich zur Tat schreiten und die westfälische Landkaschemme stürben. Dieser Münster-“Tatort“ ist wirklich nur etwas für ganz Eiserne. Allen anderen empfehlen wir einen geselligen Abend ohne TV, zum Beispiel beim Brettspiel.