Sternschnuppen zählen: Die neue Reihe Tunesday bringt elektronische DJs und aufregende Live-Visuals unter der Sternenkuppel des Planetariums zusammen. Wie ein Club-Besuch auf dem Holodeck - und mit bequemen Stühlen!

Stuttgart - Für alle, die es nicht wissen: Das Planetarium ist dieser pyramidenförmige Bau mitten in Stuttgarts schönster Baustelle an der U-Bahnstation Neckartor. Seit 1977 kann man hier schon in die Sterne gucken, nach umfangreicher Sanierung und einjähriger Schließung steht es seit April wieder allen Besuchern offen.

 

 

Das Problem: Kindergeburtstage und Schulklassen gehen hier ein und aus, auch der eine oder andere ältere Sternenfreund sowie Science-Fiction-Fan nimmt in den ultrabequemen Stühlen Platz. Doch so wirklich angesagt ist dieser schöne Ort nicht, VR-Brillen und Kinofilme bieten längst vergleichbare oder bessere Optik. „Komm, wir gehen heute mal wieder ins Planetarium“ ist ein Satz, den man in Stuttgart nicht allzu oft hört.

 

Raus aus den Clubs

 

Der Tunesday will das ändern. Die neue Reihe, die monatlich am ersten Dienstag steigt, hat sich das hehre Ziel gesetzt, elektronische Clubmusik und spacige Visualisierung unter einem Dach zusammenzubringen. Mit Erfolg: Sieben Dienstage hat man erfolgreich absolviert, beim letzten Tunesday im Dezember Konstantin Sibold zu Gast gehabt und das komplette Jahr 2017 schon unter Dach und Fach gebracht. „Ich finde es schön, diese Musik, die normalerweise nur nachts um drei in einem Club zu hören ist, in einem anderen Rahmen zu präsentieren“, umreißt Ubbo Grassmann die Idee.

 

Er kam vor zwei Jahren aus Hamburg nach Stuttgart – der Liebe wegen. Wie in der Hansestadt, arbeitet er auch hier am Planetarium, verfolgt die Idee dieser Reihe schon viele Jahre. Aus gutem Grund, wie er sagt: „Für mich hat die elektronische Musik unserer Zeit die Tiefe der klassischen Musik.“ Das bleibt nach fünf Gin Tonic im Club mitunter unbemerkt. „Wer tanzen will, kann natürlich tanzen, doch wir sehen den Tunesday eher als Konzert, bei dem man sich richtig in die Musik fallen lassen kann.“

 

Tränen für den Sohn

 

Dadurch, so ist er sich sicher, lässt sich elektronische Musik ganz anders erleben. „Das bekommen wir auch von vielen Gästen zu hören.“ Die waren anfangs eher jünger, sind mittlerweile aber wild durchmischt. „Neulich waren sogar die Eltern eines DJs da, die gar nicht wussten, was ihr Sohn da nachts immer so macht. Nach dem Konzert musste der Vater weinen vor Rührung, weil sein Sohn so tolle Kunst erschafft. Er wusste das gar nicht, weil er eben längst nicht mehr mitten in der Nacht durch die Clubs zieht!“

 

Zum Erfolg der jungen Reihe trägt natürlich auch die Ausstattung des Sternenhauses bei. „Unsere tolle Technik ist geradezu prädestiniert dafür, Musik zu visualisieren“, freut sich Grassmann, der sein Studium mit VJ-Gigs in Hamburg und Lübeck finanzierte. „Die Musik steht klar im Vordergrund, auf sie stimme ich die Visualisierungen ab und erschaffe sie live dazu. Im Zuge der Sanierung ist die Tonanlage ausgetauscht worden und mittlerweile auf einem sehr hohen Niveau. Dadurch können wir Musik ganz anders erlebbar machen.“ Er schmunzelt. „Es wäre doch wirklich schade, wenn wir den großen Bass nur für Raketenstarts nutzen würden.“

 

Freude schöner Götterfunken

 

Wer mitmacht, erhält von Grassmann vollkommen freie Hand bei der Gestaltung des musikalischen Programms. Das Konzept für den jeweiligen Abend wird erst danach erdacht. „ Jeder Tunesday wird von einer thematischen Klammer zusammengehalten: Unterwasserwelten, Raumstationen, bei Konstantin Sibold war es Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde.“

 

Am 3. Januar, wenn der Ex-Stuttgarter DJ Pierre Remy zu Gast ist, werden die Visuals das Leitthema „Feuerwerk“ haben, wie bei den sieben Abenden zuvor wird Grassmann die Besucher dann mit einem X-Box-Controller durch seine Welten navigieren. Für ihn als „Star Trek“-Fan natürlich ein besonderer Spaß. „Ich bin der Idee des Holodecks erlegen. Die Idee, eine fremde Welt in einem Raum zu erzeugen, finde ich sehr spannend – und das Planetarium mit der 360-Grad-Leinwand kommt dem noch am nächsten. Beim Tunesday steckt man mitten in der Musik und in den Bildern.“ Er ist sich sicher: „Mir fällt kein anderes Medium ein, das eine solche Immersion bietet.“

 

Na dann alle zusammen: „Komm, wir gehen mal wieder ins Planetarium.“ Geht doch.