Baden-Württembergs Landesregierung setzt ein Ziel für den verminderten Ausstoß von Kohlendioxid. Der Opposition ist es viel zu wenig ehrgeizig.

Stuttgart - Der Ministerrat hat sich jetzt auf die Eckpunkte eines Klimaschutzgesetzes geeinigt. „Damit erhalten Aspekte des Klimaschutzes künftig bei Planungen und Anhörungen den gleichen Stellenwert wie etwa der Naturschutz“, sagte der grüne Umweltminister Franz Untersteller. Baden-Württemberg sei nach Nordrhein-Westfalen das zweite Land, das dem Klimaschutz Gesetzesrang einräume und die Ziele zur Reduzierung der schädlichen Treibhausgase verbindlich festlege. Das Gesetz soll Ende 2012 in Kraft treten.

 

Die grün-rote Landesregierung will demnach verbindlich bis 2020 den CO2-Ausstoß um 25 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 senken, langfristig bis zum Jahr 2050 um 90 Prozent. „Dies sind ehrgeizige, aber erreichbare Ziele“, betont Untersteller und versucht bei der Vorstellung in Stuttgart gleich im Vorfeld Kritik im Keim zu ersticken. Denn Grün-Rot bleibt damit hinter den Zielen der Vorgängerregierung zurück, die die Treibhausgase bis 2020 um 30 Prozent reduzieren wollte. Die nackten Zahlen allein zu betrachten sei zu einfach, meinte Untersteller und wies auf die veränderten Rahmenbedingungen hin. Dereinst ging Schwarz-Gelb allerdings davon aus, das bis 2020 noch die Hälfte des Stroms aus Kernkraft und damit ohne Ausstoß von Kohlendioxid erzeugt wird.

Ein „schlankes Gesetz“ soll es werden

In dem „schlanken Gesetz“ sollen, wie der Umweltminister weiter ausführte, zudem Instrumente, Aufgaben und Zuständigkeiten festgelegt werden, die nötig sind, um die Ziele zu erreichen. Dazu zählt auch der Weg zu einer „CO2-freien Landesregierung“, die wegen des Vorbildcharakters bereits das Ziel vor 2050 erreichen solle.

Die Eckpunkte des Klimaschutzgesetzes basieren auf einem energiepolitischen Szenario, das das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) im Auftrag des Umweltministeriums erstellt hat. Demnach soll bis 2020 der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung um 38 Prozent steigen, bis zum Jahr 2050 auf 86 Prozent. „Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet, betonte der Minister. Allen Unkenrufen zum Trotz habe während der bitterkalten Tage bisher keine einzige Stunde auf die sogenannte Kaltreserve, etwa den Block  3 des Kohlekraftwerks Mannheim, zurückgegriffen werden müssen. Vielmehr hätte Baden-Württemberg in diesen Tagen Strom nach Frankreich geliefert, wo es einen hohen Anteil von Stromheizungen gebe.

Unter ständiger wissenschaftlicher Beobachtung

Das Kabinett hat zudem ein integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept verabschiedet. Darin sind, basierend auf den Empfehlungen des ZSW, die notwendigen Maßnahmen definiert, die zum Ziel führen sollen; etwa bei der CO2-Reduktion bis 2020 konkret für die Stromerzeugung (minus 18 Prozent gegenüber 1990), in der Industrie (minus 60 Prozent) und in privaten Haushalten (minus 28 Prozent).

Durch ein wissenschaftliches Monitoring soll fortwährend geprüft werden, ob die Maßnahmen wirken, mit denen Energie eingespart wird und Treibhausgase reduziert werden, und ob die Ziele erreicht werden, erklärte Untersteller. Der Nachhaltigkeitsbeirat soll die Monitoringberichte bewerten und Vorschläge für die alle fünf Jahre geplante Fortschreibung des Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept machen. Zur Koordinierung der Gesetzesaufgaben, die allen Landesministerien obliegen, werde beim Umweltministerium eine Stabsstelle Klimaschutz eingerichtet.

Der Opposition ist es zu wenig

Das Klimaschutzgesetz sei „die richtige Antwort auf die von allen gewollte Energiewende“, betonte der klimaschutzpolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Bernd Murschel. Für Andreas Glück, den energiepolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, ist das Ganze nur „Ankündigungspolitik und heiße Luft“. Das Darlehensprogramm für die energetische Sanierung in privaten Gebäuden in Höhe von 2,5 Millionen Euro sei „völlig unzureichend“. Die CDU-Landtagsfraktion stellt prompt einen „Rückschritt beim Klimaschutz“ fest. „Die bisherigen CO2-Emissionsziele der alten Regierung aufzugeben ist ein Schlag ins Gesicht der Klimaschutzpolitik im Land“, monierte Fraktionschef Peter Hauk. Die Energiewende lasse sich nicht mit nur zehn Millionen Euro mehr gestalten, sagte der CDU-Energieexperte Paul Nemeth. Er verwies darauf, dass seine Fraktion gefordert habe, Programme wie „Zukunft Altbau“ oder zur Unterstützung der Energieeffizienz um 15 Millionen Euro aufzustocken. Obwohl die Opposition „innovative Konzepte“ vermisse, werde sie die Entwicklung des Klimaschutzgesetzes „konstruktiv-kritisch begleiten“, so Nemeth.