Nach dem 1:3 in Wolfsburg hat der VfB Stuttgart bereits fünf Punkte Rückstand auf Platz 15. Die Hoffnung ruht auch darauf, dass Hamburg und Paderborn noch schlechter sind.

Stuttgart - Der Abstiegskampf kennt keine Feiertage. Ganz im Zeichen des Fußballs steht bei der Belegschaft des VfB Stuttgart auch der Ostersonntag, der kaum Zeit für andere Dinge lässt. Am Vormittag haben sich die Kicker auf dem Trainingsplatz versammelt, um nach der erfolglosen Dienstreise nach Wolfsburg die Beine zu lockern. Und am späten Nachmittag, davon kann man fest ausgehen, sitzen sie zuhause vor dem Fernseher und schauen der Konkurrenz zu. Hertha gewinnt mit 2:0 gegen Paderborn, was einerseits schlecht ist, weil sich die Berliner damit aus dem Abstiegskampf verabschiedet haben dürften. Gut aber ist für Stuttgart andererseits, dass der freie Fall der Paderborner weiter anhält. Ein Punkt nur beträgt ihr Vorsprung auf den VfB.

 

Die Stuttgarter sitzen immer noch auf dem letzten Tabellenplatz fest. Seit inzwischen zwei Monaten ist das schon so, man hat sich daran gewöhnt. Dass das Osterwochenende daran nichts geändert hat, konnte niemanden ernsthaft überraschen. Die 1:3-Auswärtsniederlage am Samstag beim Tabellenzweiten aus Wolfsburg entsprach den allgemeinen Erwartungen und den unterschiedlichen Kräfteverhältnissen eines sicheren Champions-League-Anwärters und eines Abstiegskandidaten. Wie zuletzt in Leverkusen (0:4) blieb den Stuttgartern am Ende wieder einmal nur, sich trotzdem ein bisschen Mut zu machen.

Gute Ansätze in der ersten Hälfte

„Wir müssen uns an den Dingen festhalten, die wir gut gemacht haben“, sagte der VfB-Trainer Huub Stevens. Sie fanden sich (wie in Leverkusen) vor allem in der ersten Hälfte, als der VfB mutig nach vorne spielte und in Person von Filip Kostic die ganz große Chance ausließ, in Führung zu gehen. Auf das 1:0 für Wolfsburg regierten die Stuttgarter mit dem Ausgleich von Martin Harnik postwendend, was dafür spricht, dass sich die Mannschaft nach Rückschlägen nicht mehr wie früher automatisch völlig aus dem Konzept bringen lässt. Auch das durfte Stevens als Pluspunkt notieren: „Die Jungs waren gut eingestellt, sie haben die richtige Antwort gegeben – das zeigt: sie leben.“

Zu hoch jedoch ist auch weiterhin die Fehlerquote in der Defensive. Das galt für Florian Kleins plumpen Einsatz beim Elfmeter; und das galt auch für das vorentscheidende 1:2, als die Freistoßflanke von Ricardo Rodriguez aus 41 Metern ungestreift in die lange Ecke segelte. Naldo war im Strafraum völlig frei gestanden und hatte dadurch den VfB-Torwart Sven Ulreich irritiert – sehr zum Ärger von Stevens: „Das sind Fehler, die man einfach nicht machen darf.“ Dass der VfB danach nichts mehr zu bestellen hatte, lag auch daran, dass sich Wolfsburg dank VW inzwischen den Luxus erlauben kann, Leute wie André Schürrle (Kaufpreis 32 Millionen Euro) und Ivan Perisic (acht Millionen) von der Reservebank zu bringen. Von solchen Möglichkeiten kann der VfB nur träumen – und hätte dennoch weitaus weniger Sorgen, wäre er in dieser Saison regelmäßig so aufgetreten wie am Samstag in Wolfsburg.

Die Zeit der Bonusspiele ist vorüber

Robin Dutt wollte somit nicht groß hadern mit der verpassten Chance, ein Ausrufezeichen im Abstiegskampf zu setzen – der Manager sagte: „Überraschungspunkte zählen auch nicht mehr als normale Punkte.“ Doch weiß Dutt auch, dass es Bonusspiele nun endgültig nicht mehr gibt. Es bleiben nur noch sieben Partien, um den Absturz in die zweite Liga zu verhindern. Mit anderen Worten: die Lage des VfB spitzt sich weiter zu.

Bekanntermaßen passieren im Saisonfinale häufig die verrücktesten Dinge – doch scheint sich für den Moment das Feld im unteren Tabellendrittel sortiert zu haben. Hertha, Mainz und Köln liegen bereits jenseits der 30-Punkte-Grenze; der SC Freiburg (28) hat sich mit zwei 1:0-Siegen hintereinander Luft verschafft, Hannover (28) mit dem 2:2 (nach 0:2) am Samstag in Frankfurt neues Selbstvertrauen geholt. Bleiben Hamburg (25), Paderborn (24) und Stuttgart (23), die nach jetzigem Stand die beiden Absteiger unter sich ausmachen könnten. Vermutlich gäbe es keinen im VfB-Lager, der nicht freudig einschlagen würde, böte man ihm Platz 16 an, der die Hintertüre offen lässt, in zwei Relegationsspielen gegen den Dritten der zweiten Liga den Klassenverbleib zu schaffen.

Nimmt man den aktuellen Trend als Maßstab, dann scheinen die Chancen des VfB weiter intakt zu sein. Der HSV und Paderborn jedenfalls präsentieren sich seit Wochen in weitaus schlechterer Verfassung als das Team von Huub Stevens. Auch das vermeintlich lösbare Restprogramm mit Heimspielen gegen Bremen, Freiburg, Mainz und Hamburg sowie dem Abschluss in Paderborn trägt bei den Stuttgartern zur Hoffnung auf ein glimpfliches Ende bei.

Der VfB muss wohl noch mehrere Spiele gewinnen

Doch führt kein Weg daran vorbei, dass sie mutmaßlich mehrere dieser Spiele gewinnen müssen, um in der Bundesliga bleiben zu können. Trotz der jüngsten Fortschritte hat es in der gesamten Rückrunde bisher nur zu dem 3:1 gegen Eintracht Frankfurt gereicht, einem Sieg, der unter äußerst glücklichen Umständen zustande gekommen ist. Warum, so fragen sich viele, sollte nun plötzlich die große Siegesserie einsetzen, da der Druck des Gewinnenmüssens noch größer wird? Zumal gegen Mannschaften, gegen die der VfB, anders als in Wolfsburg, nicht kontern kann, sondern das Spiel selbst gestalten muss?

An schwachen Nerven, davon sind die VfB-Verantwortlichen überzeugt, werde es nicht scheitern. Als „psychisch sehr stabil“ bezeichnet Robin Dutt seine Mannschaft und sagt: „Wir haben einen guten Zusammenhalt und sind in den vergangenen Wochen mental stärker geworden.“ Das wird auch nötig sein, denn am nächsten Sonntag gegen Bremen, den Exclub des Stuttgarter Sportvorstands, zählt nur eines: „Da müssen wir unbedingt gewinnen.“