Die Wahl in Österreich hat die Karten neu gemischt. Der deutliche Sieg der konservativen ÖVP hat über die Alpenrepublik hinaus Bedeutung. Ein 31-Jähriger wird zum „Anti-Merkel-Modell“.

Wien - Der Sieg des 31-jährigen Sebastian Kurz bei der Parlamentswahl in Österreich wird nach Ansicht eines Experten die Debatte über die Aufstellung der bürgerlich-konservativen Parteien in Europa befeuern. „Da gibt es jetzt einen interessanten Gegenentwurf zu Merkel und der CDU“, sagte der Salzburger Politikwissenschaftler Reinhard Heinisch der Deutschen Presse-Agentur. Kurz habe in großer strategischer Perfektion das Zuwanderungsthema aufgegriffen, indem er die konservative ÖVP weiter rechts positioniert habe. „Außerdem hat er die Wendestimmung im Land am besten eingefangen.“

 

Die Übertragbarkeit des Vorgehens sei allerdings schwierig. In für Konservative bisher ungewohnter Weise habe Kurz auch unter jungen Wählern viel Zustimmung erfahren. „Die Person Kurz war das perfekte Paket“, sagte Heinisch.

Die Rechtspopulisten gerade auch in Deutschland könnten sich nach dem guten Abschneiden der FPÖ in ihrem Kurs in der Flüchtlingsfrage bestätigt fühlen. Im Vergleich zur AfD sei die FPÖ aber zumindest im Ton viel moderater. „Beide Parteien sind in ganz anderen Lebenszyklen“, sagte Heinisch. Die FPÖ prägt seit Jahrzehnten die Politik in Österreich mit und hat sich als dritte Kraft etabliert.

Die Grünen haben nach den Worten von Heinisch fast alles falsch gemacht

Angesichts des dominierenden Themas Zuwanderung haben die Sozialdemokraten unter Kanzler Christian Kern nach Ansicht von Heinisch noch ein einigermaßen „respektables Ergebnis“ eingefahren. Kern treffe aber eine erhebliche Verantwortung, dass Platz eins in der Wählergunst verloren wurde. „Er hat den Kanzlerbonus durch misslungene Auftritte und widersprüchliche Aussagen verspielt“, meinte Heinisch. Die SPÖ hätte viel früher konsequent sozialdemokratische Themen wie soziale Gerechtigkeit bespielen müssen.

Die Grünen wiederum, die sogar um den Einzug ins Parlament bangen müssen, haben nach den Worten von Heinisch fast alles falsch gemacht. Die Warnung der Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek vor einer ÖVP-FPÖ-Regierung habe die Klientel der Grünen in hohem Maß veranlasst, genau deshalb die SPÖ zu wählen.

Bei der Wahl am Sonntag hat die ÖVP nach Hochrechnungen 31,6 Prozent der Stimmen. Die SPÖ erzielt 26,9 Prozent. Die FPÖ kommt auf 26 Prozent. Die Grünen liegen mit 3,9 Prozent unter der Vier-Prozent-Hürde. Am Montag werden die Briefwahlstimmen ausgezählt.