Annette Schert wurde in Stuttgart-Sillenbuch Rektorin in einer Umbruchphase: Die Deutsch-Französische Grundschule bietet seit einem halben Jahr Ganztag in Wahlform an. Die Raumnot zu lösen, ist nicht die einzige Aufgabe der gebürtigen Stuttgarterin.

Sillenbuch - Es ist auffällig ordentlich in Annette Scherts Büro. Alles ist sauber angeordnet, nichts liegt herum. Erstaunlich, wenn man bedenkt, was sie aktuell alles zu tun hat. Seit diesem Schuljahr ist die 47-Jährige aus Kernen im Remstal die offizielle Leiterin der Deutsch-Französischen Grundschule in Sillenbuch. Neu ist sie hier jedoch nicht. 16 Jahre lang unterstützte sie ihre Vorgängerin Damaris Scholler als Konrektorin, seit deren Wechsel an die Elise-von-König-Gemeinschaftsschule im Februar 2016 hatte sie die Schule kommissarisch geleitet. Und seit September ist sie offiziell die Rektorin für 41 Lehrer, 30 pädagogische Fachkräfte und weit mehr als 500 Schüler.

 

Eine große Aufgabe, Annette Schert trifft jedoch eine zusätzliche Herausforderung. Sie hat den Chefsessel in einer Phase des Umbruchs übernommen. Seit September gibt es an der Schule den Ganztag bis 17 Uhr in Wahlform. Zuvor waren die Eltern gefragt worden, was sie davon hielten; „den Stil, die Eltern einzubeziehen, möchte ich weiterführen“. Und tatsächlich war das Interesse groß. Die Klassen eins bis drei sind mit je zwei Ganztagszügen gestartet, die Klasse vier ist noch nicht umgestellt worden. Ein neues pädagogisches Konzept, neue Kollegen – und dies in einer ohnehin schon anspruchsvollen Einrichtung.

Spätestens seit der Umstellung ist die Schule zu klein

Die Deutsch-Französische Grundschule in Sillenbuch ist ein Unikum in ganz Baden-Württemberg. Hier lernen seit 2008 deutsche und französische Kinder zwar unter einem Dach, aber nach zwei Schulsystemen. In der Schule werden deutsche Kinder aus dem Bezirk in 15 Klassen, also vierzügig, nach dem hiesigen Bildungsplan von Lehrern unterrichtet, die beim Land angestellt sind. Eine Besonderheit: Als erste Fremdsprache steht neben Englisch auch Französisch zur Verfügung, beigebracht von Muttersprachlern. In der französischen Abteilung wird unter der französischen Rektorin Catherine Koudou zweizügig nach dem französischen Bildungssystem von Lehrern unterrichtet, die von Frankreich aus bezahlt werden. Alle Klassen erhalten Deutsch- und Sachunterricht in deutscher Sprache. Die französischen Kinder kommen aus der ganzen Stadt.

Und jetzt eben die neue Unterscheidung in Ganz- und Halbtag bei den deutschen Klassen sowie komplett Ganztag bei den Franzosen. Der Übergang war zwar anstrengend, aber erfolgreich, wie Annette Schert sagt. „Das war für mich eine Doppelbelastung, deswegen freue ich mich, dass wir gut gestartet sind.“ Ganz ist der Wandel indes noch nicht vollzogen. Das größte Problem, das die gebürtige Stuttgarterin jetzt noch zu stemmen hat, ist das Raumproblem. Die Schule, die in den vergangenen Jahren ohnehin stetig gewachsen ist und heute zu den größten in der Stadt gehört, ist spätestens seit der Umstellung auf den Ganztag zu klein. Beispiel Mensa: Dort können gerade mal 100 Kinder gleichzeitig essen. Der Schultag musste daher komplett neu rhythmisiert werden. „Alle Räume haben eine Doppelnutzung. Sobald der Unterricht endet, kommt die Betreuung“, erklärt die Schulleiterin. Ebenfalls ungünstig: Im deutsch-französischen Doppel-Sekretariat haben die Konrektoren der beiden Abteilungen keine eigenen Büros.

Zum beruflichen Ausgleich singt Annette Schert

Die Gespräche mit der Stadt darüber, wie die Misere gelöst werden kann, laufen. Die Mängel sind erfasst worden, der unterschriebene Raumplan liegt beim Hochbauamt. Eine Sprecherin der Stadt bestätigt: Bis zu 850 Quadratmeter fehlen. „Das Hochbauamt ist beauftragt zu prüfen, welche baulichen Erweiterungsmöglichkeiten auf dem sehr begrenzten Schulgrundstück zur Deckung dieses Raumbedarfs bestehen“, sagt sie. Besondere Bedeutung komme hierbei auch der Vergrößerung der Mensa zu. Es ist also noch viel zu tun an der bilingualen Schule. Freizeit bleibt seit einem Jahr wenig, bekennt die studierte Deutsch-, Musik- und Religionslehrerin Schert. Zumal da noch ihre Nebentätigkeiten wären. Am Staatlichen Schulamt ist sie Fachberaterin für Musik, zudem eine Delegierte im Arbeitskreis Musik des Kultusministeriums. „Mit ist es ein Anliegen, fachlich immer auf einem guten Stand zu bleiben“, sagt sie fast entschuldigend. Ihren Ausgleich findet sie in der Musik und singt im Laki-Pop-Chor, einem Auswahlensemble der Landeskirche.

„Jetzt geht es in die Konsolidierungsphase“, sagt Annette Schert über ihre Schule. Wichtig sei, dass nun die alten und die neuen Kollegen, die die Betreuung übernommen haben, zusammenwachsen. „Ich sehe mich da ganz stark als Vermittlerin und Unterstützerin. Wenn die Kollegen gute Arbeit machen, geht es den Kindern gut.“ Intensivieren will sie auch die Kooperation mit Elternvertretern und den Kontakt der Schule mit dem Stadtbezirk. Die Arbeit geht ihr nicht aus. Ihren Schreibtisch will sie trotzdem abends immer wieder aufräumen. Sie sagt lächelnd: „Äußere Ordnung hilft der inneren Ordnung.“