An der Deutsch-Französischen Grundschule halten Viertklässler „Die Konferenz der Tiere“ ab. Begonnen hatte das Projekt im Januar mit der zweisprachigen Lektüre des Romans.

Stuttgart-Sillenbuch - Es geht um die Kinder“, hat die „Konferenz der Tiere“ erkannt. Erich Kästners visionären Kinderroman aus den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Deutsch-Französische Grundschule an der Sillenbucher Silberwaldstraße als Grundlage für ein zweisprachiges Spektakel genommen, zu dem sich am Freitagnachmittag eine Menge Mitschüler, Lehrer, Eltern und Gäste in der Turnhalle drängten.

 

Wer da so wunderbar mit Kindermund Französisch spricht, wer so klangvolles Deutsch, kann man von außen gar nicht so recht unterscheiden. Es hört sich jedenfalls beides ganz großartig an. Es waren 45 Mädchen und Jungen aus zwei vierten Klassen, die das Theaterstück zum Abschluss ihrer Grundschulzeit unter der Regie von Werner Jauch, dem Schultheater-Referenten des Landes, erarbeitet hatten. Jauchs zweisprachige Theaterprojekte für alle Altersstufen werden vom Comenius-Programm der EU gefördert. Die französische und die deutsche Klasse hatten die Arbeit im Mai mit Aufenthalten in der Theaterakademie Bad Rotenfels vorangebracht, unterstützt auch von dem Musiker und Schauspieler Michael Langer.

Alles lief in der Gruppe, alles in Gemeinschaft

Begonnen hatte das Projekt im Januar mit der zweisprachigen Lektüre jenes Romans, mit dem sich Erich Kästner nicht nur zum wiederholten Mal als epochaler Jugendbuchautor hervorgetan hatte, sondern der auch eine unverminderte Aktualität hat, wenn es um Fragen von Frieden und Krieg, von Fortschritt und Natur, kurz: von der Zukunft der Welt und der Menschheit und vor allem ihrer Kinder und Jugendlichen geht. Nachdem die Menschen – das heißt ihre Politiker – auch beim 86. Versuch gescheitert sind, eine Lösung für die Probleme Krieg, Hunger und Umweltzerstörung zu finden, berufen der Löwe Alois, der Elefant Oskar und die Giraffe Leopold ihre Konferenz der Tiere ein, an der die Kinder der Welt beratend teilnehmen. Im südafrikanischen Kapstadt wird derweil wegen der tierischen und kindlichen Konkurrenz ein weiterer Versuch gestartet, unter Erwachsenen zu Potte zu kommen.

Die Inszenierung der deutsch-französischen Schule setzte auf einfachste Mittel und sparte spezielle Personen-Rollen ganz aus. Alles lief in der Gruppe, alles in Gemeinschaft oder im „Pulk“, wie eine Übung hieß. Wichtiger als szenische Perfektion war in der Entstehungszeit die theaterpädagogische Arbeit mit Übungsspielen wie „Freeze“, wo alle plötzlich ihre Bewegung stillstellen, oder das konzentrationsfördernde Ballritual. Statt aufwendiger Kostüme kleideten sich die Darsteller der Tiere einfach in bunte Klamotten, Perücken und Faschings-Outfits. Die Politiker hingegen hatten ihr Einheits-Dress: Zu Anzügen und Krawatten oder Fliegen in gedeckt seriösem Schwarz-Grau kamen die knallroten Clowns-Nasen als Erkennungsmerkmal. Die einzigen Requisiten waren ein paar Leitern.

Ein revolutionärer Funke

Doch gerade als bewegtes Gruppen-Ereignis strahlte das Stück seine ganze Kraft aus: Unüberhörbar die geradezu ultimative Forderung der Tiere und der Kinder an die Welt der Erwachsenen und der Politiker, dass es nicht mehr mit Gewalt, Krieg und Macht, nicht mehr mit sinnlosem endlosem Palaver weitergehen kann, sondern wirklich etwas geändert werden, die Welt verbessert werden muss. Herrlich, wie sich die Darsteller dann mit den Schnipseln eines Aktenvernichters in einer Papierschlacht austoben und den Kapstadt-Konferenzlern gewaltfrei ihre Nichtigkeit um die Ohren hauen durften – ein einfaches, ein einfach starkes Bild.

Diese „Konferenz der Tiere“ ließ den kraftvollen Willen der Kinder theatralischen Ausdruck finden, dass sie es nicht mehr hinnehmen, wie Schindluder getrieben wird mit ihrer Welt und ihrer Zukunft. Dieser rebellische, schon fast revolutionäre Funke sprang auf das Publikum in der Halle über, das tosenden Beifall gab. Danach feierten die Viertklässler, ihre Eltern und Lehrer mit einem Schulhof-Fest den Abschied von der Grundschulzeit.