Die DB und der Verkehrsminister Peter Ramsauer wollen Zughersteller per Gesetz für gefährliche Technikmängel haftbar machen.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)
Berlin - Die Verkehrsexperten im Deutschen Bundestag sind derzeit stark gefragt. Schon früh morgens lud kürzlich der Verband der Bahnindustrie in Deutschland wichtige Parlamentarier in Berlin zum Frühstück. Neben Kaffee und Brötchen bekamen die Abgeordneten eine Studie der großen Anwaltskanzlei Noerr serviert. In der Studie, die der Stuttgarter Zeitung vorliegt, warnen die Juristen Holger Schmitz und Martin Geipel - ganz im Sinne ihrer Auftraggeber - eindringlich vor einer verschärften Haftung der Bahnindustrie. Die Einführung einer öffentlich-rechtlichen Herstellerhaftung, mit der die Bundesregierung auf Drängen der DB liebäugelt, würde "die Gefahrenabwehr im Eisenbahnrecht behindern statt befördern", meint die Kanzlei. Zu befürchten sei ein "systemwidriger Eingriff" in das zivilrechtliche Haftungssystem, das zudem gegen EU-Recht und die Verfassung verstoßen könnte. Fazit: Eine Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) bringe nur "unnötiges neues Potenzial für Rechtsstreitigkeiten".

Keine Stunde später hören die Parlamentarier von Rüdiger Grube genau das Gegenteil. Der Vorstandschef der Deutschen Bahn wirbt im Verkehrsausschuss des Bundestags eloquent für die gesetzliche Haftung der Hersteller. Die eigenen Lieferanten rückt er dabei in ein denkbar schlechtes Licht. Die Bahn habe "noch nie" den Zug geliefert bekommen, der bestellt und vereinbart war. Ein verheerenderes Urteil kann eine Branche von ihrem mit Abstand größten Kunden kaum erhalten.

72.000 Achsen müssen ersetzt werden


Der heikle Streit um die Sicherheit auf der Schiene tobt seit Jahren. Inzwischen steht nach Katastrophen wie dem Güterzugunfall in Viareggio fest, was Industrie und Bahn lange abstritten: Besonders die Achsen vieler Züge sind ein gefährlicher Schwachpunkt, halten nicht so lange wie behauptet und müssen vorzeitig und für viel Geld ausgetauscht werden.