Bereits mehrfach hat die Deutsche Bahn unrentable Strecken gestrichen und die Fahrpläne ausgedünnt. Investitionen in neue Waggons scheut der Staatskonzern. Das könnte das Ende vieler Angebote bedeuten.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Man gibt sich einsilbig bei der Deutschen Bahn. „Wir sind in der finalen Entscheidungsphase“, sagt eine Sprecherin. In den nächsten Wochen will der bundeseigene Transportkonzern die Ergebnisse bekanntgeben. Dann soll die Öffentlichkeit erfahren, in welchem Umfang – und ob überhaupt – ab dem Fahrplanwechsel im Dezember noch Auto- und Reisezüge verkehren werden. Es ist kein Geheimnis, dass beide Angebote gefährdet sind. „Die DB fährt in beiden Sparten jedes Jahr jeweils zweistellige Millionenverluste ein“, heißt es auf Anfrage. Das lässt nichts Gutes erahnen. Denn Konzernchef Rüdiger Grube steht wegen massiver Gewinneinbrüche unter Druck und will Verlustbringer nicht länger dulden.

 

Zudem sind die meisten Auto- und Nachtzüge inzwischen um die 40 Jahre alt und ein teurer Austausch steht an. Bei den Autotransportern drohen die Betriebsgenehmigungen in den nächsten Jahren zu erlöschen, heißt es bei der DB. Neubestellungen wären dringend nötig, wenn das Angebot fortgeführt werden soll. Der Handlungsdruck wächst, die Entscheidung lässt sich nicht länger auf die lange Bank schieben. Die Politik ist alarmiert. „Wir sorgen uns, dass die Bahn die Angebote weiter ausdünnt oder sogar einstellt“, sagt Matthias Gastel, Bahnexperte der Grünen im Bundestag. Der Abgeordnete aus Stuttgart, ein treuer Nutzer des Nachtzugs Berlin-Mannheim, hat persönlich bei Grube nachgefragt und kürzlich eine Antwort erhalten, die seine Sorge noch verstärkte. „Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage und schwierigen Fahrzeugsituation (Verfügbarkeit, allgemeiner optischer Zustand, Alter etc.) überdenkt die DB Fernverkehr AG derzeit die strategische Ausrichtung des Nachtreiseverkehrs ganzheitlich“, schreibt der Bahnchef. Ziel sei es , die Weichen neu zu stellen und den Nachtreiseverkehr zukunftsfähig zu machen. Noch gebe es „keine konkreten Ergebnisse“.

Nachtzüge sind nicht mehr rentabel

In vielen Ländern Europas wurden Auto- und Nachtzüge in den letzten zwanzig Jahren mangels Rentabilität eingestellt. Durch Billigflieger und immer schnellere Bahnverbindungen haben die Angebote massive Konkurrenz bekommen. So fiel die Nachtzugverbindung Frankfurt-Paris weg, da man die Strecke mit dem ICE inzwischen unter vier Stunden schafft. Nur noch 17 „City-Night-Line“-Verbindungen sind übrig, die zumeist in Berlin, Hamburg und München starten und durch die Republik bis nach Paris, Rom, Venedig oder Amsterdam führen. Nicht alle sind gut ausgelastet.

Eine weitere Ausdünnung des Streckennetzes zeichnet sich ab, zumal die Nachtzüge knapp sind und immer wieder Schlafwagen wegen Mängeln  ausfallen.  Dann fehlt es an Reserven, wie auch Grube einräumt. Seit diesem Jahr hat die DB fast alle Autozüge ab Berlin gestrichen, obwohl noch vor wenigen Jahren neue Verbindungen zum Beispiel nach Triest eröffnet worden waren. Übrig blieb in der Hauptstadt nur die Verbindung nach München – und dabei werden die Autos der Bahnreisenden nun in einem „Pilotprojekt“ in Berlin-Wannsee auf Lastwagen verladen und über die Straße nachts nach Bayern transportiert. Der Berliner Test soll im Herbst ausgewertet werten. Dann wird entschieden, ob das Angebot weitergeführt wird. Unter ökologischen Aspekten sei dieser Lkw-Transport immer noch besser, als wenn die Autos einzeln nach München fahren würden, heißt es. Bei den Autozügen sind ohne Berlin nur noch sechs Abfahrorte in Deutschland übrig: Hamburg, Hildesheim, Düsseldorf, Neu-Isenburg, München und Lörrach.