Nicht nur die Ermittlungen gegen hochrangige Mitarbeiter machen der Deutschen Bank zu schaffen. Auch das Ergebnis entwickelt sich nicht wie erhofft. Das Institut spricht von Sonderposten, die sich „signifikant“ negativ auswirken werden.

Stuttgart - Die neue Führungsspitze der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, muss sich mit mehr Altlasten beschäftigen, als ihr lieb ist. Während die Vorwürfe gegen Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause im Zusammenhang mit der Umsatzsteueraffäre wohl eher am Image des größten deutschen Geldhauses kratzen werden, wirken sich andere Belastungen auch auf das Ergebnis aus. Nachdem die Bank bereits im dritten Quartal mehrere Sondereffekte dafür verantwortlich gemacht hat, dass das Neun-Monats-Ergebnis mit vier Milliarden Euro um rund 31 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen hat, fällt die Bilanz für das Schlussquartal wohl noch schlechter aus. In ungewohnt deutlichen Worten warnt die Bank davor, dass mehrere Sonderposten sich „signifikant negativ auf den Gewinn der Bank“ auswirken werden. Nach Einschätzung von Experten deutet dies darauf hin, dass unterm Strich im vierten Quartal ein Verlust entstanden ist.

 

Bei diesen Sonderposten handle es sich etwa um Restrukturierungskosten für „Programme zur Steigerung der operativen Leistungsfähigkeit“ und die Integration der Postbank, negative Effekte aus der Reduzierung von Risiken sowie Wertanpassungen von bestimmten Vermögenswerten und Aufwendungen im Zusammenhang mit Geschäftsaktivitäten des Segments „Transaction Banking“ in den Niederlanden. Noch seien die Tätigkeiten zum Jahresabschluss – und damit die konkrete Wertermittlung der Belastungen – nicht abgeschlossen, erklärte die Bank in einer Mitteilung. Gleichzeitig wurde aber betont, dass die Bank im Kerngeschäft trotz des „schwierigen makroökonomischen“ Umfelds und „der üblichen saisonalen Abkühlung“ im Oktober und November solide operative Ergebnisse erreicht habe.

„Kulturwandel“ wird erschwert

Die vielen Ermittlungen gegen die Deutsche Bank erschweren den von Jain und Fitschen angekündigten „Kulturwandel“ in der Bank. Nach der Großrazzia am Mittwoch forderten Berliner Politiker deutliche Signale. „Es ist an der Zeit, dass nun endlich bei der Deutschen Bank nachgeguckt wird“, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Auch die Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundestags, Birgit Reinemund, äußerte sich kritisch. Selbstverständlich stehe der Unterzeichner einer Steuererklärung in der Verantwortung, sagte die FDP-Politikerin. Aus Kreisen der Bank wurde jedoch betont, dass weder Fitschen noch Finanzchef Krause vorgeworfen werde, dass sie in irgendeiner Form an dem Steuerbetrug mit Emissionszertifikaten mitgewirkt hätten. Im Fokus stünden neben den festgenommenen Händlern vielmehr auch jene Mitarbeiter der Fachabteilungen, die die fragliche Umsatzsteuererklärung erstellt hätten.

Kern der Vorwürfe ist, dass die Beteiligten mit Hilfe eines sogenannten Umsatzsteuerkarussells versucht haben sollen, sich Umsatzsteuer erstatten zu lassen, die gar nicht abgeführt wurde. Die Ermittlungen richten sich gegen 150 Beschuldigte aus ganz Europa und einigen außereuropäischen Ländern. Sie sollen ein kriminelles Netzwerk gebildet haben, erst in Großbritannien, dann in Deutschland. Mit einem komplizierten System, das früher bereits im Handel mit Autos oder Mobiltelefonen praktiziert worden war, sollen sie sich Umsatzsteuervorteile erschlichen haben. Einer der Händler in der Lieferkette führt die von seinen Abnehmern bezahlte Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab. Die Abnehmer kassieren damit die Umsatzsteuererstattung, ohne dass das Finanzamt eine entsprechende Einnahme verbucht.

Das Problem des Umsatzsteuerbetrugs ist seit vielen Jahren bekannt, allein in Deutschland beziffern Experten den jährlichen Schaden auf bis zu 20 Milliarden Euro. Der Handel mit Emissionszertifikaten macht es Betrügern besonders einfach, weil keine Waren, sondern lediglich virtuelle Güter gehandelt werden.