Nach dem Misstrauensvotum der Aktionäre ist es nun am Aufsichtsrat zu entscheiden, ob die Co-Vorstände Anshu Jain und Jürgen Fitschen weiter tragbar sind. Seinen Rückhalt hat Aufsichtsratschef Paul Achleitner den beiden nicht ausgesprochen.

Korrespondenten: Klaus D. Oehler (kdo)

Frankfurt - Einen Rücktritt haben Anshu Jain und Jürgen Fitschen noch am vergangenen Wochenende kategorisch ausgeschlossen. Und auch auf der Hauptversammlung am Donnerstag bekräftigte das Führungsduo der Deutschen Bank, dass man den richtigen Kurs fahre. Doch das war noch vor dem Abstimmungsergebnis über die Entlastung des Vorstands, bei der die Aktionäre ein deutliches Zeichen ihres Misstrauens setzten. 60 Prozent Zustimmung sind in einer Demokratie zwar genug, um sich bestätigt zu fühlen – üblich sind in einem deutschen Großunternehmen aber Zustimmungsraten von über 90 Prozent, wenn die Anteilseigner mit der Arbeit ihrer Manager zufrieden sind.

 

Es liegt jetzt am Aufsichtsrat unter seinem Vorsitzenden Paul Achleitner, wie man das Abstimmungsergebnis interpretiert. Der Chefkontrolleur hatte auf der Versammlung versprochen, dass man das Votum der Aktionäre „gründlich analysieren" werde. Anders als in den Jahren zuvor hatte Achleitner auf ein klares Bekenntnis zu dem Führungsduo verzichtet. Beobachter werten das als Indiz dafür, dass es in der Spitze der Bank einen Bruch gegeben hat. Die Ziele, die sich Jain und Fitschen bei ihrem Amtsantritt 2012 für 2015 gesetzt hatten, sind nicht erreicht worden – auch wenn Fitschen nicht von Scheitern sprechen will.

Befreiungsschlag ist nicht geglückt

Tatsache ist aber, dass die Kapitalausstattung der Bank trotz zweier Kapitalerhöhungen zu wünschen übrig lässt. Und dass die ausstehenden Rechtsstreitigkeiten jeden Fortschritt auf diesem Gebiet zunichte machen können. Vorstandsmitglied Stefan Krause räumte ein, dass die Höhe der Belastungen nicht abzuschätzen sei.

Am Vorabend der Hauptversammlung hatte der Aufsichtsrat noch versucht, durch einen Umbau des Vorstands die Zuständigkeiten klarer zu definieren. Anshu Jain soll als Co-Vorstandschef künftig die Strategie verantworten – eine längst überfällige Entscheidung, weil die Strategie eines Unternehmens Chefsache sein sollte. Doch ist der Investmentbanker Jain der geeignete Manager, um der größten deutschen Universalbank ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell zu verpassen? Eine Vielzahl von Aktionärssprechern hatte Zweifel daran geäußert. Der Rückzug des bisherigen Privat- und Geschäftskundenvorstands Rainer Neske, der die Trennung von der Postbank für falsch hält, unterstützt diese Zweifel.

Spekulationen über neuen Vorstand nehmen zu

Die Strategie 2020, die der Aufsichtsrat vor vier Wochen beschlossen hat, soll die Wende bringen. Doch vielen Experten und Aktionären ist diese Strategie noch zu unklar, Einzelheiten will der Vorstand erst in ein paar Wochen verkünden. Aus der Umbesetzung des Vorstands lässt sich dabei bisher wenig ablesen. Zwar gilt der neue Privatkundenvorstand Christian Sewing, der bisher für Rechtsfragen zuständig war, als neuer Hoffnungsträger, doch halten Analysten es angesichts der neuen Machtkonstellation für fragwürdig, ob er sich gegen Jain durchsetzen kann. Und ob Stefan Krause, der seine Aufgabe als Finanzchef an Marcus Schenck abgibt und bisher die Strategieentwicklung geleitet hat, an Einfluss gewinnen kann, wenn er künftig das Geschäftsfeld Global Transaction Banking leitet, ist ebenso offen.

In Finanzkreisen halten sich daher Spekulationen, dass Aufsichtsratschef Achleitner in absehbarer Zeit seinen „Plan B“ umsetzen könnte. Zwölf bis 18 Monate hätten Jain und Fitschen noch Zeit, sichtbare Erfolge vorzuweisen. Wenn das nicht gelingt, steht Marcus Schenck bereit, den der Aufsichtsratsvorsitzende aus gemeinsame Zeiten bei Goldman Sachs kennt und der zudem aus seiner Zeit beim Industrieunternehmen Eon auch auf Erfahrungen außerhalb der Bankenbranche verweisen kann. Aber Achleitner weiß auch, dass er notfalls schneller reagieren muss. Am Abend nach der Hauptversammlung wollte er das Abstimmungsergebnis noch nicht kommentieren. Doch der Schock des Misstrauensvotums der Aktionäre saß tief. „Das ist schon ein harter Schlag für alle“, sagte ein Vertrauter von Anshu Jain.