John Cryan, der neue starke Mann an der Spitze der Deutschen Bank, wird wohl vor allem das Investmentbanking deutlich zurückfahren, analysiert StZ-Finanzkorrespondent Klaus Dieter Oehler.

Frankfurt - Die Deutsche Bank muss sich nicht neu erfinden, um wieder erfolgreich zu werden, sie muss sich nur auf ihre Stärken besinnen. Das ist der Kurs, den der seit Juli amtierende Co-Vorsitzende John Cryan jetzt offenbar konsequent verfolgt. Am 29. Oktober will er Details zu seine Strategie verkünden. Klar ist, dass die Deutsche Bank über Jahrzehnte hinweg ein wichtiger Begleiter der deutschen Industrie bei ihrem Weg in die Welt war. Doch das ist zumindest teilweise unter der Führung des ehemaligen Vorstandschefs Josef Ackermann in den Hintergrund geraten. Auch der gesellschaftspolitische Anspruch, dem die Bank unter früheren Vorstandschefs wie Alfred Herrhausen immer gerecht geworden war, ist ein stückweit verloren gegangen, wie eine Analyse zur Situation der Deutschen Bank in der Samstagausgabe der Stuttgarter Zeitung aufzeigt. Die Deutsche Bank sucht ihren Weg: Der neue starke Mann, John Cryan, will die alten Stärken der Bank wiederbeleben. Es geht vor allem darum, Vertrauen zurückzugewinnen.

 

Keine Rücksicht auf alte Strukturen

Wichtige personelle Entscheidungen hat der Brite, der im Mai kommenden Jahres die alleinige Führung des größten deutschen Kreditinstituts übernehmen wird, bereits getroffen. Der Kulturwandel, den die Nachfolger des einstigen starken Mannes Josef Ackermann versprochen hatten, konnte unter dem ehemaligen Investmentbanker Anshu Jain und dem „Traditionalisten“ Jürgen Fitschen nicht wirklich gelingen; das haben die vergangenen gut drei Jahre gezeigt, entsprechend positiv sind die Reaktionen von Anlegern auf den Kurswechsel.

Cryan, der bereits bei der schweizerischen Großbank UBS wichtige Sanierungsschritte eingeleitet hatte, muss keine Rücksicht nehmen auf althergebrachte Strukturen, er kann einen wirklichen Neuanfang in die Wege leiten. Am kommenden Donnerstag wird er weitere Einzelheiten seiner Strategie und die Zahlen für das dritte Quartal präsentieren. Doch schon jetzt ist absehbar, dass er den Weg einschlagen wird, den auch andere Großbanken, die während der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten waren, gegangenen sind, unter anderem die UBS. Vor allem das Investmentbanking, das über viele Jahre der wichtigste Ertragsbringer für die Deutsche Bank war, wird in seiner Bedeutung zurückgefahren, weil die höheren regulatorischen Anforderungen bestimmte Geschäfte auf eigene Rechnung riskanter und teurer machen.