Von Dienstag an wird gegen Deutsche-Bank-Chef Fitschen und Ex-Topmanager der Bank verhandelt. Es geht um die Pleite des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch.

München - Am Dienstag beginnt vor dem Landgericht München ein Strafprozess, der es in sich hat. Gleich drei Generationen von Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank sitzen wegen versuchten Prozessbetrugs auf der Anklagebank. Das Institut selbst nimmt dort als Nebenbeteiligter Platz. Fünf Spitzenbanker, unter ihnen der heutige Co-Chef Jürgen Fitschen sowie seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer, müssen sich vor Gericht erneut mit dem Fall des Medienunternehmers Leo Kirch auseinandersetzen und sehen sich damit ein weiteres Mal mit einem besonderen Kapitel in der Geschichte der Bank konfrontiert.

 

Das Bankerquintett, zu dem neben den ehemaligen Chefs der ehemalige Vorstand Tessen von Heydebreck sowie der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig zählen, war in dieser Sache schon einmal vor Gericht. Als Zeugen haben sie beim von Pleitier Kirch begonnenen und seinen Erben 2014 siegreich abgeschlossenen Schadenersatzprozess gegen die Deutsche Bank ausgesagt – und zwar in einer Art und Weise, die sie nun zu Angeklagten gemacht hat. 925 Millionen Euro hat die Deutsche Bank am Ende dieses jahrelangen Zivilprozesses an die Kirch-Erben bezahlt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der deutsche Branchenprimus seinen Kreditkunden Kirch geschädigt hatte. Dieser drohte im Jahr 2002 pleitezugehen, schließlich musste Kirch Insolvenz anmelden. Die Banker wollten die Schadenersatzzahlung per Falschaussagen verhindern, dies glauben Staatsanwälte nun beweisen zu können.

Ob es so war, darüber wird Richter Peter Noll urteilen. Der ist kein Unbekannter. Verhandelt hat Noll, der als der Star unter Münchens Richtern gilt, unter anderem die Siemens-Bestechungsaffäre; Noll hat zudem mit dem ehemaligen Vorstand der Bayerischen Landesbank, Gerhard Gribkowsky, bereits einen Spitzenbanker für achteinhalb Jahre ins Gefängnis geschickt. Angst vor großen Namen und mächtigen Konzernen hat Noll also erwiesenermaßen nicht.

Ein Omen für einen mutmaßlichen Ausgang des jetzigen Strafprozesses gegen die fünf Deutsch-Banker ist das allerdings ebenso wenig wie der von dem Frankfurter Institut verlorene Schadenersatzprozess. Noll wird die dort von Richter Guido Kotschy gewonnenen Erkenntnisse nicht übernehmen, sondern alles neu prüfen, betont eine Münchner Gerichtssprecherin. Damit werden die Kirch-Pleite und ihre Hintergründe in weiten Teilen neu aufgerollt. Schon jetzt ist klar, dass der bislang bis Ende September terminierte Strafprozess bis weit in das nächste Jahr hinein dauern wird.

Insbesondere für den Ex-Bankchef Breuer könnte es ungemütlich werden

Klar ist damit auch die erste Verteidigungslinie der fünf angeklagten Manager. Ihre Verteidiger werden alles versuchen, um Noll davon zu überzeugen, dass Kirchs Medienimperium Anfang 2002 de facto schon pleite war, bevor der damalige Deutsche-Bank-Chef Breuer öffentlich die Kreditfähigkeit seines Kunden Kirch bezweifelt hatte. Im von Richter Kotschy geführten Schadenersatzprozess war das misslungen, aber Richter Noll könnte durchaus zu einem anderen Ergebnis gelangen. Er hat bereits bewiesen, dass er bestehende Urteile nicht einfach übernimmt – selbst wenn er sie selbst gefällt hat. So hat Noll den Landesbanker Gribkowsky zwar verurteilt, weil er es als bewiesen ansah, dass Formel 1-Erfinder Bernie Ecclestone ihn bestochen hatte. Im späteren und ebenfalls von Noll verhandelten Bestechungsprozess gegen den Briten Ecclestone kam dieser aber dann gegen die Zahlung einer Geldauflage von 100 Millionen Dollar davon.

Selbst wenn Noll wie Kollege Kotschy zur Einsicht gelangt, dass die Deutsche Bank ihren Kunden Kirch aufs Glatteis geführt hat, wären die fünf Banker damit aber noch nicht verurteilt. Denn dann muss immer noch nachgewiesen werden, dass sie beim Schadenersatzprozess gelogen und sich illegalerweise abgesprochen haben.

Für diesen Fall zeichnet sich eine zweite Verteidigungslinie ab, die speziell Breuer erheblich ins Schwitzen bringen könnte. Beim Schadenersatzprozess bildeten die Aussagen der fünf Banker noch eine geschlossene Front – das muss aber nicht so bleiben. Wenn Insider aus den Angaben einiger von Breuers Mitangeklagten richtig zitieren, die diese inzwischen gegenüber der Staatsanwaltschaft gemacht haben, zeigen sich Risse in der einst geschlossenen Front. Demnach fühlt sich der eine oder andere Kollege mittlerweile vom 77-jährigen Breuer in Sachen Kirch getäuscht. Von seinerzeitigen Plänen für eine Zerschlagung des Medienimperiums, an der die Deutsche Bank prächtig hätte verdienen können, wollen sie erst durch den Schadenersatzprozess erfahren haben. Deshalb ist beim anstehenden Prozess auch spannend, ob es zum Bruch zwischen Breuer und ehemaligen Kollegen kommt – und wo diese Bruchlinie verläuft. Breuer muss auch verkraften, dass der renommierte Strafverteidiger Sven Thomas im Gerichtssaal nicht an seiner Seite stehen wird. Dieser hatte jüngst noch Ecclestone aus einer schier aussichtslosen Lage befreit. Seine Lebensplanung sei mit dem Aufwand einer Verteidigung Breuers nicht vereinbar, teilte der 67-jährige Thomas dem Gericht vor Kurzem mit. Ursprünglich wollte er Breuer zusammen mit seinem Rechtsanwaltskollegen Norbert Scharf verteidigen, der das nun mit dem eigenen Team übernimmt. Mit der Sache oder der Person seines Mandanten habe sein Rückzug nichts zu tun, ließ Thomas wissen. Niemand soll auf die Idee kommen, dass die Sache aussichtslos ist.