Die deutschen Handballer schlagen sich bei der WM in Katar aller Prognosen zum Trotz ziemlich gut. Am Mittwoch treffen sie im Viertelfinale auf Katar. „Das Halbfinale wäre sensationell“, sagt DHB-Präsident Bauer. Doch Katar ist mehr als ein Außenseiter.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Bernhard Bauer ist ein viel beschäftigter Mann in diesen Tagen in Katar. Als Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB) gibt es Verpflichtungen im Rahmen der Handball-Weltmeisterschaft – zum Beispiel das Gespräch mit den Fans vor Ort, wie am Dienstag. Wohl dem, der sich für eine Reise nach Doha entscheiden hat, die hat sich mit dem nicht zu erwartenden Einzug ins Viertelfinale an diesem Mittwoch (16.30 Uhr) gegen Katar schon gelohnt. „Die Leute sind euphorisch“, sagt Bauer, der dennoch keine neuen Ziele ausgibt: „Das Achtelfinale war Pflicht. Jetzt kann jeder jeden schlagen, vielleicht mit Ausnahme von Frankreich, das etwas stärker scheint.“

 

Zunächst einmal muss nun der Geheimfavorit ausgeschaltet werden, was zu dem kecken Slogan verleitet: „Schickt Deutschland Katar in die Wüste?“ Doch Obacht: Katar ist mehr als nur ein Außenseiter. Nicht nur wegen des Heimvorteils, der bei großen Turnieren (erinnert sei nur an die WM 2007 in Deutschland mit dem Titel) stets eine Rolle spielt, nicht nur weil die Österreicher nach ihrem Ausscheiden gegen Katar schon Verschwörungstheorien über die Schiedsrichter entwickelt haben. Und nachdem die WM bisher ja oft vor leeren Rängen stattfand, sagt Bauer: „Die Halle wird mit 14 000 bis 15 000 Zuschauern ausverkauft sein – das gibt eine zusätzliche Motivation.“ Aber auch für die deutsche Mannschaft, die solche eine große Kulisse mehr gewöhnt ist als der Gegner.

„Ein unglaublicher Motivator“

Bauer vertraut da ganz auf die Handschrift des neuen Trainers Dagur Sigurdsson, der es nach den Turbulenzen im Vorfeld (Stichwort Wildcard) verstanden hat, in kurzer Zeit eine gesunde Mischung aufs Feld zu bringen: aus Jung und Alt, aus Abwehr und Angriff. „Der Trainer ist ein Glücksfall für uns“, betont Bauer. Warum? Ganz einfach: „Er ist ein unglaublicher Motivator, hat immer den Blick fürs Wesentliche – und behält in kritischen Situationen kühlen Kopf.“ Gerade letzteres ist seinem Vorgänger Martin Heuberger abgegangen.

Dass die deutsche Mannschaft in der Abwehr Qualität besitzt (im Achtelfinale kassierte sie mit 16 Toren die wenigsten Gegentreffer) war bekannt, die Steigerung im Angriffsspiel so nicht unbedingt vorhersehbar. Der Kieler Steffen Weinhold erlebt im rechten Rückraum eine wahre Leistungsexplosion. Und der Balinger Martin Strobel (Bauer: „Ein Ruhepol“) setzt als Regisseur nicht nur Akzente, sondern übernimmt, wenn nötig, in wichtigen Situation auch beim Torwurf Verantwortung. Bauer: „Entscheidend ist für mich die Art und Weise, wie die Mannschaft auftritt – und da können wir schon mehr als zufrieden sein.“

Erst recht, wenn er die Rückmeldungen aus der Heimat hört. Die Betonung liegt durchaus auf „hört“, denn mit dem Handballsehen ist es dieser Tage ja so eine Sache, nachdem sich der Pay-TV-Sender Sky die Fernsehrechte gesichert hat. Was mit zunehmendem Erfolg der Deutschen für Gesprächsstoff sorgt bis hin zu der Forderung, die öffentlich-rechtlichen Sender ARD/ZDF müssten nun bitte nachverhandeln. Doch das bleibt ein frommer Wunsch, und Bauer sagt bei allem Verständnis: „Wir müssen froh und dankbar sein, dass Sky überträgt.“

Der Sender scheint einen guten Riecher gehabt zu haben. Denn in der fußballfreien Zeit erlebt der Handball in den Sportbars einen ungeahnten Höhenflug. „Da war die Hölle los“, sagt der Sky-Sprecher Dirk Grosse zum Achtelfinalsieg am Montag. So soll es bleiben. An diesem Mittwoch – vielleicht auch am Freitag und Sonntag (Finalspiele). Bauer sagt nur so viel: „Das Halbfinale wäre sensationell.“ Aber möglich.