Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Arbeitgebern zugesagt, dass die Regelungen beim Mindestlohn die Unternehmen nicht über Gebühr belasten dürfen. Die Firmen fordern Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und Praktika.

Berlin - Die Spitzenverbände der Wirtschaft wollen den gesetzlichen Mindestlohn aufweichen. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer erteilte zwar einzelne n Abgeordneten aus der Union eine Absage, die Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn fordern. „Ich will nicht Flüchtlinge gegen deutsche Arbeitnehmer ausspielen“, sagte Kramer auf dem Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Die deutsche Wirtschaft wolle auf keinen Fall einen Verdrängungswettbewerb zwischen inländischen und ausländischen Beschäftigten.

 

Kramer erneuerte aber frühere Forderungen der Wirtschaft nach generellen Ausnahmen vom Mindestlohn. Der Arbeitgeberpräsident sagte, er stimme der Empfehlung des Sachverständigenrats zu, der mehr Abweichungen verlangt. Es solle möglich sein, dass es bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen möglich sein soll, bis zu zwölf Monate den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zu unterschreiten. Nach dem geltenden Gesetz ist es bei Langzeitarbeitslosen erlaubt, bis zu sechs Monate vom Mindestlohn abzuweichen. „Wir brauchen für alle Ausnahmeregelungen, die unter Mindestlohnbedingungen keine Chance auf Beschäftigung haben“, sagte Kramer. Nur so werde es gelingen, neue Jobs zu schaffen.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordert auch bei Praktika einen größeren Spielraum für Unternehmen, weniger als den Mindestlohn zu zahlen. Die BDA sieht in Praktika gute Möglichkeiten für Flüchtlinge, Berufserfahrungen zu sammeln. Wer vorher noch nie gearbeitet habe, für den sollten bei einem Praktikum von bis zu einem Jahr Abweichungen vom Mindestlohn gelten, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner.

Die Gewerkschaften lehnen weitere Ausnahmen ab

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt weitere Ausnahmen beim Mindestlohn allerdings ab. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte in Berlin, einige Branchen versuchten, die Lohnuntergrenze aufzuweichen, um aus der Flüchtlingssituation Kapital zu schlagen. Das DGB-Vorstandsmitglied warnte davor, Einstiegsqualifizierungen und Praktika als Einfallstor zu nutzen, um den Mindestlohn auszuhebeln. Dauern freiwillige Praktika länger als drei Monate, ist der Mindestlohn vom ersten Tag an fällig. Bei dieser Regelung soll es nach Meinung des DGB bleiben. Die Gewerkschaften waren von Anfang an dagegen, den Mindestlohn für Langzeitarbeitslose für ein halbes Jahr auszusetzen.

Der BDA-Ehrenpräsident Dieter Hundt warnte aber davor, die Mindestlohndebatte neu aufzumachen. Er sei kein Freund des Mindestlohns, doch die politischen Entscheidungen seien gefallen. Wichtiger für die Unternehmen sei jetzt, dass die Pläne von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bei Zeitarbeit und Werkverträgen nicht in der vorgesehenen Form umgesetzt würden, sagte Hundt am Rande der Tagung. Nahles will die Höchstdauer bei der Zeitarbeit begrenzen und Werkverträge an strengere Bedingungen knüpfen. Die Pläne schränkten die Beschäftigungsmöglichkeiten der Unternehmen ein, sagte Hundt. Der BDA-Präsident Kramer sprach von einem „Großangriff auf hunderttausende Unternehmen“. Kanzlerin Angela Merkel sagte den Wirtschaftsvertretern zu, dass sie die Pläne der Arbeitsministerin zu Zeitarbeit und Werkverträgen einer kritischen Prüfung unterziehen werde. Es sei unstrittig dass Nahles’ Vorhaben über den Koalitionsvertrag hinausgehe. Merkel machte deutlich, dass sie sich als „Wächterin über den Koalitionsvertrag“ sieht. Bei den Änderungen zur Zeitarbeit sehe sie zwar wenig Korrekturbedarf. Mit den Regeln für Werkverträge dürfe die Flexibilität der Betriebe nicht eingeschränkt werden, sagte Merkel.