RTL versucht, dem Deutschen Fernsehpreis seinen ganz privaten Stempel aufzudrücken. Die Preise räumen aber die anderen ab.      

Stuttgart  - Als eine der Letzten schwebte Monika Piel im Kölner Coloneum ein. Dort, wo sich Sonntagabend die Fernsehbranche im Gold der Herbstsonne feierte und etliche TV-Damen zuvor schrill-bunt und/oder sommerlich-nackt über den roten Teppich stolzieren, setzte die ARD-Chefin mit Schwarz von der Sonnenbrille bis zur Anzughose den Kontrapunkt zum gar nicht traurigen Anlass: Elf von siebzehn Deutschen Fernsehpreisen gingen an Piels gebührenfinanzierten Senderverbund. Die ARD, samt Arte und Dritte, war der Abräumer des Abends - und die Verleihung sicher willkommenes Serotonin im aktuell total freudlosen öffentlich-rechtlichen Affärendesaster.

 

Piels ARD brachte unter anderen mit Nina Kunzendorf (im Polizistinnendrama "In aller Stille") die beste Schauspielerin hervor, den besten Nachwuchsstar (Jonas Nay) im besten Fernsehfilm (das Mobbing-drama "Homevideo") und den besten Schauspieler (Jörg Hartmann) in der besten Serie ("Weißensee"). Mit Ranga Yogeshwar und Denis Scheck war man in der ARD angeblich am besten über Kernschmelze und Bücher informiert. Auch in der Kategorie Beste Unterhaltung konnte das Erste Erster sein. Und Joachim Fuchsberger, ARD-Mann der ersten Stunde, wurde Ehrenpreisträger.

Dumm nur, dass RTL die ARD-Sause ausrichtete. Die Privatfunker am Rhein schienen bisher die Kompetenz in Show allein für sich gepachtet zu haben. Doch an diesem Abend machten sie zwei Kardinalfehler: Sie stellten erstens mit Marco Schreyl und Nazan Eckes zwei farb- und geistlose Teleprompter-Ableser als Gastgeber auf die Bühne. Zweitens versuchten sie, der Veranstaltung mit peinlicher Penetranz den RTL-Stempel aufzudrücken.

In diesem Jahr hat Harmonie geherrscht

So wurde Frauke Ludowig, seit Jahr und Tag die RTL-Fachfrau für Klatsch und Tratsch, unbegreiflicherweise zur Fachfrau für Qualitätsfernsehen nobilitiert, was sie niemals sein wird. Sie durfte Juryentscheidungen in einer Blue Box kommentieren.

Ludowigs Urteilsvermögen zum Beispiel über die ARD-Trilogie "Dreileben" erschöpfte sich in der Feststellung: "Das war schon sehr durchdacht und sehr künstlerisch." Sehr durchdacht, das war auch Günther Jauchs Einsatz in dieser Box. Nicht weil er besser Durchdachtes von sich gab als Frauke Ludowig. Mit dem RTL-Unterhalter, der an diesem Abend trotz Nominierung als "Bester Entertainer" nicht leibhaftig in Köln sein konnte, weil er neuerdings im Ersten Sonntagsschicht als Journalist schieben muss, wollte RTL wohl an die ARD adressieren: Hallo, Jauch ist zur Hälfte noch unser Star, ihr kriegt ihn hier nicht ganz raus.

Keine erkennbaren Gedanken hatte man sich über die Preiskategorisierung gemacht. Waren im Vorjahr Kreative auf die Minibarrikaden gegangen, weil Nebendarsteller und Kameraleute nicht mehr bepreist werden, herrschte heuer Harmonie. Dabei hatte die neu gegründete Deutsche Akademie für Fernsehen angekündigt, von 2013 an einen eigenen Preis zu verleihen. Ihrem Sprecher Michael Brandner zufolge soll er "einen größeren Anspruch als das hier". Dann ging Brandner feiern - in Frieden mit Freude und Austern.

Weitere Preisträger

Preisträger Unter anderen wurden ausgezeichnet "Hindenburg" (bester Mehrteiler, RTL) und als beste Serie "Weißensee" (ARD/MDR), als Schauspieler Nina Kunzendorf und Jörg Hartmann. Ranga Yogeshwar als Experte in der Fukushima-Berichterstattung (ARD), der "Eurovision Song Contest 2011" als Show (ARD/NDR), "Ladykracher" als Comedy (Sat 1) und Stefan Raab als Entertainer (Pro Sieben).

Sonderpreise Besondere Ehre zuteil wurde Joachim Fuchsberger, Rolf Seelmann-Eggebert, Denis Scheck und Andreas Ammer sowie Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler.