Der Deutsche Gewerkschaftsbund vollzieht einen Kurswechsel: Der DGB stärkt nun Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im parteiinternen Streit um das Freihandelsabkommen mit den USA. Allerdings stellt er klare Bedingungen für TTIP.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Berlin - Ein heftiger Streit über das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA – TTIP genannt – steht der SPD auf ihrem Parteikonvent am Samstag in Berlin bevor. Widerstände sind aus diversen Landesverbänden, auch aus Baden-Württemberg, zu erwarten. Kurz zuvor hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen starken Verbündeten gewonnen: den Gewerkschaftsbund. In einem 14-Punkte-Papier haben der Minister und der DGB ihre gemeinsamen Anforderungen an die weiteren TTIP-Verhandlungen festgelegt.

 

Bisher war der transatlantischen Investitionspartnerschaft heftige Ablehnung in den Gewerkschaften entgegengebracht worden. Noch vor einem halben Jahr tadelte der IG-Metall-Chef Detlef Wetzel die mangelnde Transparenz der Verhandlungen „im Hinterzimmer“ und bezeichnete das Abkommen als gefährlich: „Es hat keinen erkennbaren Nutzen, würde aber viel Schaden anrichten“, so Wetzel. „Die Verhandlungen müssen gestoppt werden.“ Nun hat der neue DGB-Chef Reiner Hoffmann, der aus der Chemiegewerkschaft stammt, das Nein in eine „Ja, aber“-Haltung des Gewerkschaftsbundes gewandelt.

Der Vorteil des Schulterschlusses für Gabriel: Den Kritikern in der SPD wird durch das konstruktive Mittun viel Wind aus den Segeln genommen. Demzufolge vertreten das Wirtschaftsministerium und der DGB „nicht in allen Punkten dieselben Positionen zu TTIP, verfolgen aber an vielen Stellen dieselben Ziele“. Gleich im ersten Punkt des dreieinhalbseitigen Papiers werden die Chancen des Abkommens betont. Dann wird trotz Geheimhaltungsvorschriften eine „angemessene öffentliche Debatte unter Beteiligung der Zivilgesellschaft“ gefordert. Zentral bleibt aber die Forderung, dass TTIP „Arbeitnehmerrechte, Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards nicht gefährden darf“. Ein Wettbewerb, bei dem Staaten und die Wirtschaft Vorteile über Sozial- und Umweltschutzdumping erzielten, wird abgelehnt.

Deutsche Arbeitsnormen „nicht verhandelbar“

Die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) seien „nicht verhandelbar“, so DGB-Chef Hoffmann. Er erwarte, „dass die USA die sechs ILO-Kernarbeitsnormen, die sie bisher nicht ratifiziert haben, bald ratifizieren“. Dazu gehören die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen – Grundsätze der deutschen Sozialpartnerschaft. Zentrale Errungenschaften wie die Mitbestimmung oder die Rechte in der Betriebsverfassung dürfen nicht eingeschränkt werden.