Frankreichs Außenminister Fabius war zu Gast im Bundeskabinett. Trotz Harmonie gibt es starke Differenzen zwischen Berlin und Paris.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Staatsgäste sind im Berliner Regierungsviertel keine Rarität. Jetzt durfte jedoch erstmals einer von ihnen am Kabinettstisch Platz nehmen: der französische Außenminister Laurent Fabius. Seinem deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier war die gleiche Ehre vor einem halben Jahr in Paris vergönnt. Unlängst sprach er auch vor der französischen Nationalversammlung.

 

Anlässlich des Gegenbesuchs schwelgten Steinmeier und sein Gast in einer Weise über die Beziehungen beider Staaten, dass fast der Eindruck entstand, deren diplomatische Apparate würden baldmöglichst fusionieren. In einigen Ländern sollen sich die Botschafter Frankreichs und Deutschlands demnächst bei personellen Engpässen wechselweise vertreten. Fabius sprach gar von einem fast eheähnlichen Verhältnis der beiden Chefdiplomaten. Die Kontakte seien zurzeit sehr intensiv, in den vergangenen Monaten hätten sich die Minister oft persönlich getroffen. Es sei gewissermaßen protokollarisch bestätigt, so Fabius: „Wenn Frank-Walter nicht mit seiner Frau zusammen war, war er mit mir zusammen.“

Im politischen Alltag ist die Harmonie nicht ganz so groß. Fabius stolperte bei seiner Visite über einige Unstimmigkeiten. Die augenfälligste war angeblich gar kein Thema im Kabinett: der Dissens in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen. Ausgerechnet am Tag des Ausflugs nach Berlin meldete die Ratingagentur Fitch Zweifel am Reformwillen der Regierung in Paris an. Es werde erwogen, Frankreichs Bonität herabzustufen.

Weder Fabius noch Steinmeier wollten die Frage beantworten, was passiere, wenn die Franzosen auch 2015 ihr Staatsdefizit nicht in den Griff bekommen. Steinmeier sagte bloß: Es gebe „keine Absprachen für den Fall, dass“. Sein französischer Genosse sprach über „mutige Reformen“, die geplant seien, und lenkte den Blick auf eine Erfolgsmeldung: Das strukturelle Defizit des französischen Staates werde 2015 auf das niedrigste Niveau seit 2001 sinken. Um das Schuldenlimit einzuhalten, müsste seine Regierung freilich noch 50 Milliarden Euro aus dem Etat streichen. Bei allen Unterschieden in dieser Angelegenheit, so Steinmeier, dürfe man „nicht vernachlässigen, dass wir jenseits dessen eine gemeinsame Politik brauchen“.

Beim Thema Rüstungsexport gibt’s Differenzen

Auch in dem so beschriebenen Jenseits gibt es allerdings Differenzen. Zum Beispiel beim Thema Rüstungsexport. Tags zuvor hatte Airbus, einer der wichtigsten Lieferanten von Militärgütern, kritisiert, dass ein gemeinsam mit Frankreich entwickelter Hubschrauber nicht nach Usbekistan exportiert werden könne, weil die deutsche Ausfuhrgenehmigung für einzelne Teile fehle. Fabius unterstrich: „Wenn es Ausrüstungsgüter gibt, die gemeinsam gebaut worden sind, müssen sie natürlich auch exportiert werden können, wenn sie für den Export geschaffen worden sind.“ Der Minister fügte hinzu: „Sonst macht es natürlich keinen Sinn, wenn man sie nicht verkaufen kann.“

Bei anderen Themen liegen die Hindernisse für eine enge deutsch-französische Zusammenarbeit nicht zwischen Berlin und Paris. Das gilt etwa für eine mögliche gemeinsame Überwachungsmission im Osten der Ukraine mittels Drohnen. Eine Antwort der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auf dieses Angebot stehe noch aus, sagte Steinmeier am Mittwoch. Umstritten ist, ob ein solcher Einsatz durch bewaffnete Soldaten der Bundeswehr und der französischen Armee geschützt werden darf.

Steinmeier sagte, er gehe davon aus, dass die Prüfung des deutsch-französischen Angebots „noch in diesem Monat abgeschlossen wird“. Beide Minister verwiesen aber darauf, dass noch eine Reihe von Hürden zu überwinden seien. Dazu gehört, dass die OSZE eigentlich keine bewaffneten Missionen unternimmt. Auch das ukrainische Parlament müsste einer solchen Vereinbarung zustimmen. Fabius assistierte Steinmeier: Auch er hoffe auf eine „möglichst schnelle Entscheidung“.