Das 0:0 im letzten Länderspiel des Jahres in den Niederlanden hat wenig Erkenntnisse gebracht. Dennoch sagt der Bundestrainer Joachim Löw: „Wir brauchen solche Spiele, um uns in der Breite zu verbessern.“

Amsterdam - Sein letztes Argument, mit dem Joachim Löw seine Zufriedenheit begründet, kommt dann doch recht überraschend. Erfreulich sei es gewesen, sagt der Bundestrainer, wie ruhig seine Mannschaft „in diesem Hexenkessel“ geblieben sei. Dabei ist es in der Amsterdamer Arena zuvor nur einmal laut geworden: als der Schiedsrichter endlich abpfiff und die verbliebenen Zuschauer, die nicht schon zuvor die Flucht ergriffen hatten, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ihr Missfallen über die gebotenen Leistungen zum Ausdruck brachten.

 

Das 0:0 der ersatzgeschwächten DFB-Auswahl am Mittwochabend gegen die personell ebenso dezimierten Niederländer ist ein Langweiler der ersten Güteklasse gewesen. Es war das mutmaßlich emotionsloseste Duell der Erzrivalen, das es je gegeben hat – und rückte somit wieder einmal die Sinnhaftigkeit des seit je umstrittenen Novembertermins in den Blickpunkt. Bestätigt jedenfalls dürfen sich jene sehen, die schon vorher angemerkt haben, dass es für die hochbelasteten Spieler, sofern die nicht ohnehin leicht verletzt oder leicht erkältet zu Hause geblieben sind, hauptsächlich darum gehe, sich nicht wehzutun.

„Wir haben wichtige Erkenntnisse gesammelt.“

Der Bundestrainer mag sich dieser Sichtweise naturgemäß nicht anschließen und nimmt die Antwort auf die gar nicht gestellte Frage vorweg: „Ich habe schon vor dem Spiel einen großen Sinn in dieser Partie gesehen und kann im Nachhinein sagen: Wir haben wichtige Erkenntnisse gesammelt.“ Die wichtigste besteht darin, dass Deutschland nicht verloren und vor allem kein Tor kassiert hat. „So ein Spiel tut uns allen gut“, sagt Joachim Löw.

Das Spiel selbst war im Grunde schon nach dem Schlusspfiff vergessen – das Ergebnis aber wirkt nach. Es war der letzte Auftritt dieses Jahr und somit die letzte Möglichkeit, den Eindruck zu korrigieren, im Nationalteam sei einiges aus den Fugen geraten. Gewaltig war die Aufregung nach dem Halbfinal-Aus bei der EM und dem 4:4 gegen Schweden gewesen, das alle Alarmglocken klingeln ließ. Neue Nahrung haben die Debatten in Amsterdam nicht erhalten.

Nun muss Löw nicht mehr fürchten, noch unterm Weihnachtsbaum die Sorgen um die wacklige Defensive zerstreuen zu müssen. So gesehen waren die Niederländer in dem vermeintlichen Klassiker der ideale Gegner: großer Name, aber sehr kleine Leistung. Erstaunlicherweise versuchte das Team von Louis van Gaal über weite Strecken gar nicht erst, die deutsche Hintermannschaft in Bedrängnis zu bringen. „Für uns ging es darum, zuerst Sicherheit zu bekommen, indem wir defensiv gut spielen“, sagte der Bayern-Profi Arjen Robben.

Das Tor sauber halten

Die niederländische Strategie war weitgehend deckungsgleich mit der deutschen. „Keine der beiden Mannschaften wollte einen Fehler machen. Deshalb sah es vielleicht etwas zäh aus“, sagte der Torwart Manuel Neuer nach jener Sorte Fußballspiel, bei dem der Taktikliebhaber glänzende Augen bekommt und dem gemeinen Fan die Füße einschlafen. Der Kapitän Philipp Lahm wollte nicht bestreiten, dass es auch der DFB-Auswahl vornehmlich darum ging, das eigene Tor sauber zu halten: „Wir haben nicht viele Chancen zugelassen und kein Gegentor bekommen, das ist positiv.“

Joachim Löw fand noch weitere Gründe, die ihn durchaus zuversichtlich in die Pause bis zum nächsten Spiel in Frankreich (6. Februar) gehen lassen. Erfreut hat er registriert, dass sein Team, obwohl mit sechs U-21-Spielern angetreten, bis zum Ende „mit aller Ruhe und Bestimmtheit“ gespielt habe. Und auch die Leistungen der Nachrücker haben den Bundestrainer überzeugt. Rechts hinten bot Benedikt Höwedes eine solide Partie, im neu formierten zentralen Mittelfeld zeigte der Dortmunder Ilkay Gündogan, dass er ein ausgezeichneter Fußballer ist. Ganz vorne tat sich Mario Götze in der ungewohnten Rolle als Stürmer zwar etwas schwer, was aber nichts an Löws Fazit änderte: „Wir brauchen solche Spiele, um uns in der Breite zu verbessern.“

Dann verlässt der Bundestrainer die Amsterdamer Arena und umarmt zum Abschied sehr herzlich seinen Trainerkollegen Louis van Gaal. Ein bisschen gestichelt hatten sie gegenseitig noch vor dem Spiel – nun ist endgültig klar: das Länderspieljahr hat dann doch noch ein einigermaßen versöhnliches Ende gefunden.