Rheinland-Pfalz präsentiert sich vom 11. bis zum 14. April als Gastregion auf der Slow-Food-Messe des guten Geschmacks in Stuttgart.

Venningen - „Wir möchten Essig mit seinen verschwenderischen Aromen als das zelebrieren, was Essig seit jeher war - ein mystisches Elixier der Sinne und des Gaumens“, sagt Georg Heinrich Wiedemann, seines Zeichens Essigdoktor. Er führt die Gäste durch die Katakomben seines Weinessiggutes. Wer daran teilnimmt, bekommt erst eine Kutte umgelegt. Hunderte von Kerzen tauchen die Szenerie in warmes Licht. Fast zärtlich streicht er über die alten Fässer, in denen nur beste Weine zu Essig heranreifen - und die ihresgleichen suchen, wie die anschließende Degustation zeigt. Im speziellen Doktorenglas glitzert etwa Armeniacum, ein Edelweinessig, der mit Aprikosen vermählt einem Wildragout den letzten Schliff gibt. Oder wie wäre es mit Giacomo Casanova - einer romantischen Verführung von edlem Weinessig mit wilden Pomeranzen und Lavendel?

 

Wiedemann kreiert ständig neue Essenzen, die die Küche bereichern und als Aperitif oder Digestif munden. Dazu passt bestens eine sinnlich-verführerische Essigpraline. Der Doktorenhof in Venningen ist die erste Adresse für Gaumenfreuden aus Reben, die freilich ohne eine jahrhundertealte Essigmutter nicht auskommen. „Das gute Stück wird seit Generationen gehütet“, sagt Wiedemann. Vom Essigdoktor ist es nicht weit zur Deutschen Weinstraße. In Deidesheim locken gleich mehrere Weingüter mit besten Lagen und Tropfen. Reichsrat von Buhl ist eines von ihnen, das noch dazu dem Slow-Food-Gedanken verpflichtet ist und beim Markt des guten Geschmacks in Stuttgart am kommenden Wochenende zur Verkostung lädt.

Heute gehört das Weingut Japanern

Eine Führung in den altehrwürdigen Weinkellern offenbart die ökologisch erzeugten Schätze. Eingeteilt in Erste Lage, Klassifizierte Lage und Gutsweine tragen die besten Tropfen Lagennamen wie Reiterpfad Ruppertsberg oder Kirchenstück Forst. Wer historisch interessiert ist, erfährt, dass Weingutsbesitzer Reichsrat von Buhl seinerzeit die rechte Hand des Reichskanzlers Otto von Bismarck war. Das ist lange her. Heute gehört das Weingut Japanern. Doch zum Jahresende soll es wieder unter pfälzische Herrschaft kommen, wie nicht der Weingeist vermeldet, sondern die Geschäftsleitung. Einen klaren Kopf bekommt der Genussreisende wieder im nahen Neustadt, wo nicht nur in der Regel die Deutsche Weinkönigin gekürt wird.

Dort ist auch die Rösterei Blank Roast zu finden, die ebenfalls auf der Stuttgarter Messe vertreten sein wird. Spezialitätenröster Holger Blank hat eine Marktlücke entdeckt: Er röstet Kaffeebohnen mit Rebenholz aus den Bioweinstöcken der Umgebung. Besonders stolz ist Blank auf das Biozertifikat seiner Rösterei: „Die sehr arbeitsintensiven Maßnahmen im Bioanbau honorieren wir mit der Zahlung eines fairen Preises.“ Blank besucht die Anbaugebiete, um vor Ort mit Kaffeebauern und Pflückern zu sprechen. „Wir beziehen nur edle Kaffeesorten aus Spitzenanbaugebieten in Mittel- und Südamerika, Indien oder Afrika“, erklärt Blank. Zudem stellt er seine Kaffeespezialitäten ausschließlich mit sortenreinen Bohnen her, meist mit Arabica-Bohnen. Mittels schonender Langzeitröstung veredelt werden Säuren und Reizstoffe abgebaut. Nur einen Katzensprung entfernt wird Kaffeeduft gegen die Aromen feiner Destillate eingetauscht.

Limonengeist, Bananenbrand, Spargelgeist verzaubern den Gaumen

In Kail bei Cochem produziert die Brennerei Vallendar prämierte Brände der Spitzenklasse. Firmeninhaber Hubertus Vallendar bezeichnet sich gern als zeitgenössischer Alchemist, der selbst das technische Rüstzeug beherrscht. Denn bevor er sich eine Brennerei zulegte, konzipierte er für die weltbesten Brennereien die Destillieranlagen. „Das Aroma der Rohstoffe und die Unwägbarkeiten des Gär- und Brennprozesses ändern sich und müssen sorgfältig beobachtet und errochen werden“, weiß Vallendar. In der besten Tradition der Alchemisten hat Vallendar keinerlei Berührungsängste mit ungewöhnlichen Ingredienzen. Limonengeist, Bananenbrand, Spargelgeist verzaubern den Gaumen ebenso sehr wie traditioneller Riesling-Trester und Williams-Christ-Birne. In seiner La-Donna-Reihe braucht es sage und schreibe 35 Kilogramm, um einen Flakon mit perfekter Destillierkunst zu füllen. Die nötige Unterlage für Brände und Geister könnte übrigens ein Tafelspitz sein - vom Glan-Rind.

Die Pfälzer Rinderrasse hat Aufnahme gefunden in der Arche des Geschmacks, die weltweit fast 1000 regional wertvolle Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen vor dem Vergessen bewahrt. Die Weiden des Glan-Rindes sind im Norden des Bundeslandes, in den beiden Ursprungsregionen rund um den Donnersberg und im Glantal zu finden. Aufgrund der Freilandhaltung sind die Tiere viel in Bewegung, wodurch beste Fleischqualität entsteht. Zart und fein marmoriert erinnert es vom Geschmack her an Wildbret. Kostproben gibt es auch in diesem Fall bei der Slow-Food-Messe in Stuttgart an den Rheinland-Pfalz-Ständen.

Infos zu Venningen

Anreise
Neustadt an der Weinstraße verfügt über zwei Anschlussstellen an der Autobahn 65, von der aus sich schnell die nahe gelegenen Autobahnen Richtung Frankfurt, Köln, Stuttgart und Kaiserslautern erreichen lassen. Außerdem führen die B 38 zwischen Landau und Ludwigshafen sowie die B 39 zwischen Speyer und Kaiserslautern durch Neustadt an der Weinstraße.

Unterkunft
Hotel Kollektur, Zellertal-Zell, Tel. 0 63 55 / 95 45 45 , Ü/F ab 46 Euro pro Person, www.hotel-kollektur.de .

Weinhotel Mugler, 67435 Neustadt an der Weinstraße/Gimmeldingen, Tel. 0 63 21 / 6 60 62, Ü/F ab 47,50 Euro pro Person, www.weingut-mugler.de.

Essen und Trinken
Weinessiggut Doktorenhof, Georg Wiedemann, Raiffeisenstraße 5, 67482 Venningen, Tel. 0 63 23 / 55 05, www.doktorenhof.de.

Blank Roast, Holger Blank, Mußbacher Landstraße 21, 67433 Neustadt an der Weinstraße, Tel. 0 63 21 / 93 78 80, www.blankroast.de .

Reichsrat von Buhl, Weinstraße 16, 67146 Deidesheim, Tel. 0 63 26 / 96 50 19, www.reichsrat-von-buhl.de .

Brennerei Hubertus Vallendar, Hubertus Vallendar, Hauptstraße 11, 56829 Kail, Tel. 0 26 72 / 91 35 52, www.vallendar.de .

Allgemeine Informationen
Tourist-Information Neustadt an der Weinstraße, Tel. 0 63 21 / 92 68 92, www.neustadt.pfalz.com. Tourist-Information Cochem, Telefon 0 26 71 / 6 00 40, www.cochem.de.

Slow Food
Der Markt des guten Geschmacks - die aktuelle Slow-Food-Messe findet vom 11. bis 14. April in der Landesmesse Stuttgart statt, www.messe- stuttgart.de/marktdesgutengeschmacks/.

Slow Food ist eine internationale Bewegung. Verbraucher und Produzenten setzen sich gemeinsam in einer Organisation für die gleichen Ziele ein - für regionale, saisonale und handwerklich hergestellte Lebensmittel, eine nachhaltige, kleinbäuerliche Landwirtschaft, artgerechte Tierhaltung und die Bewahrung der Arten- und Geschmacksvielfalt. Die Slow-Food-Bewegung entstand in den 1980er Jahren in Italien und hat heute über 150 000 Mitglieder in 150 Ländern, davon über 12 000 in Deutschland.