Das Finale um den DFB-Pokal lautet so, wie es sich viele Fans gewünscht haben: Borussia Dortmund gegen Bayern München. Dabei trifft BVB-Profi Mats Hummels auf seine künftigen Teamkollegen. Eine Gratwanderung.

Sport: Marco Seliger (sem)

Berlin - Reinhard Rauball ist ein Mann der leisen Töne. Er wählt seine Worte mit Bedacht, und wer nicht wüsste, dass Rauball Präsident von Borussia Dortmund ist, der würde ihn im diplomatischen Dienst in irgendeinem Krisengebiet der Welt vermuten. Der Mann ruht in sich. Nun, vor dem DFB-Pokalfinale an diesem Samstag gegen den FC Bayern München, ist alles anders. Der sonst so besonnene Rauball geht aus sich raus. Er sagt: „Ich wünsche mir, dass Mats Hummels volltrunken mit dem Pokal im Arm einschläft.“

 

Nichts ist normal vor dem Showdown im Berliner Olympiastadion (20 Uhr/ARD). Dortmunds Chefdiplomat wünscht für Samstagnacht einen betrunkenen Kapitän – und das aus gutem Grund. Der Kater für den BVB war heftig, als Hummels seinen Wechsel zum FC Bayern München verkündete. Jetzt soll’s zum Abschied bitteschön ein ordentlicher Rausch für die angekratzte schwarz-gelbe Seele werden.

Wenn Mats Hummels und seine Kollegen es schaffen sollten, die Bayern zu schlagen, haben sie es auch geschafft, aus dem hochbrisanten Spiel des Jahres ein erfolgreiches zu machen. Es ist eine Herkulesaufgabe. Wie schwer sie wird, weiß Hummels am besten. „Ich muss nicht lange darum herumreden, dass es für mich eine große Drucksituation wird“, sagt der Abwehrchef: „Jeder Fehler wird seziert.“

Hitzfeld und Klinsmann konnten Hummels nicht brauchen

Mats Hummels’ letztes Spiel für den BVB. Das Pokalfinale gegen den FC Bayern München. Gegen den großen Konkurrenten. Gegen seinen Heimatverein. Gegen seinen neuen Arbeitgeber. Spannender könnte eine Ausgangslage nicht sein.

„Ich hoffe“, sagt Hummels, „dass es nach dem Spiel keinen Grund gibt, Sätze rauszuhauen, wie: ‚Der hat nicht alles gegeben, der war gedanklich schon woanders.’“ Hummels kennt die Geschichte von Lothar Matthäus, der 1984 in ähnlicher Situation bei Borussia Mönchengladbachs Niederlage im Pokalfinale gegen die Bayern im Elfmeterschießen über das Tor schoss. Ob Hummels jetzt zum Elfer antreten würde? „Puh“, sagt er, „mal sehen.“

Eng ist Hummels mit der Borussia verbandelt. So eng, dass er sich selbst den größten Druck vor seinem letzten Spiel für den BVB macht. Seit achteinhalb Jahren kickt Hummels in Dortmund. Weder Ottmar Hitzfeld noch Jürgen Klinsmann konnten in München viel mit Hummels anfangen, der alle Jugendteams bei den Bayern durchlaufen hatte. In Dortmund haben sie erkannt, wie hochbegabt Hummels ist. Jürgen Klopp machte ihn zum Stammspieler. Schnell entwickelte sich Hummels zum technisch besten Abwehrmann der Liga.

Die Gier nach Titeln ist gewachsen

Um ihn herum wollten sie beim BVB ein Team aufbauen, das die Bayern wieder attackieren kann. Jetzt geht die Galionsfigur. Zum FC Bayern. Der Aufschrei war groß. Hummels warb um Verständnis. Er formulierte eine Überschrift zum Wechsel. „Schade, aber nachvollziehbar“, heißt sie.

In Dortmund wussten sie es schon lange, dass Hummels gefühlt jede freie Minute in München verbrachte. Dort traf er sich zum Kicken im Englischen Garten mit den alten Kumpels. Dort sind seine Eltern und die seiner Frau Cathy zuhause. Und beim FC Bayern spielt Hummels dann bald mit Jérôme Boateng, Philipp Lahm und Manuel Neuer zusammen. Die Weltmeisterabwehr ist vereint.

Obendrein scheint die Gier nach Titeln gewachsen zu sein. Vor zwei Jahren sagte Hummels noch: „Es kommt nicht nur darauf an, Titel zu gewinnen. Es kommt auch darauf an, mit Freunden wunderbaren Fußball zu spielen.“ Nun scheinen die Pokale doch eine wichtigere Rolle zu spielen. In München sieht Hummels die größeren Chancen auf Titel. Am Samstag will er für den BVB einen holen. Ein letztes Mal.