Der Diakonieverein möchte Eltern unterstützen, wenn deren Kinder krank werden und sie selbst beruflich gerade zu stark eingebunden sind, um sich um den Nachwuchs zu kümmern. Es geht um eine kurzfristige und kurzzeitig Pflege. Die Mitglieder des Diakonievereins befürworten das Projekt.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Ernst-Martin Lieb ist in den vergangenen sechs Monaten alles andere als untätig gewesen. Der evangelische Pfarrer und seine Mitstreiter haben das neue Projekt des Diakonievereins weiter vorangetrieben. Die Idee: Eltern können sich künftig an den Verein wenden, wenn ihre Kinder krank sind und sie selbst beruflich gerade zu stark eingebunden sind, um sich um ihren Nachwuchs zu kümmern. Es geht um eine kurzfristige und kurzzeitige Betreuung, die so lang dauert, bis Mama oder Papa im Büro alles geregelt haben und nach Hause kommen können.

 

Vor Kurzem hat Lieb dieses Projekt in der Mitgliederversammlung des Diakonievereins vorgestellt. „Wir haben grünes Licht dafür bekommen, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen“, sagt der Pfarrer. Das bedeute vor allem, dass die Finanzierung geklärt werden müsse.

Kosten in Höhe von run 50 000 Euro im Jahr

Lieb rechnet mit Kosten in Höhe von rund 50 000 Euro im Jahr. „Kurzfristig kann das der Diakonieverein selbst stemmen, aber nicht auf Dauer“, sagt er und ergänzt: „Doch so ein Projekt muss zwingend langfristig angelegt sein.“ Es geht vor allem um die sogenannten Overheadkosten. Darunter versteht der Betriebswirt Summen, die nicht eindeutig einem bestimmten Bereich zugeordnet werden können, also beispielsweise Kosten für die Verwaltung und die Werbung. „Das können wir nicht alles auf die Nutzer unseres Angebots umlegen. Sonst würde das Ganze unbezahlbar werden“, sagt Lieb.

Vorbild für das Möhringer Projekt ist die Münchner Initiative „Zu Hause gesund werden“. Dort übernimmt die Stadt einen Teil der Kosten, so dass die Eltern nur noch rund sechs Euro in der Stunde zahlen. Pfarrer Ernst-Martin Lieb hofft, dass auch Stuttgart Interesse an so einem Projekt hat. „Es könnte ein Pilotprojekt werden. Und vielleicht bekommen wir dann für dieses Projektmittel“, sagt der Pfarrer. Das „höchste Gut“ wäre freilich, wenn man irgendwann mit einer Regelfinanzierung in den Haushalt reinkäme.

Der Diakonieverein hat seine Hausaufgaben gemacht

In den nächsten Wochen und Monaten möchte der Pfarrer beispielsweise auf das Jugendamt und das Sozialamt zugehen und vorfühlen, was denkbar wäre. Noch habe er das nicht getan. Denn zunächst habe er das Projekt den Vereinsmitglieder vorstellen und sich deren Zustimmung holen wollen.

Der Diakonieverein hat seine Hausaufgaben gemacht. So wurden unter anderem die Gemeindediakonin Birgit Keyerleber und die Mitarbeiter der Diakoniestation in die Überlegungen eingebunden. Angedacht ist, dass Keyerleber die Koordination übernimmt und ihr Dienstauftrag für die Gemeinde dementsprechend aufgestockt wird. Die Mitarbeiter der Diakoniestation könnten sich vorstellen, zumindest in der Anfangszeit den Telefondienst zu übernehmen.

Nun müssen Mitarbeiter gefunden werden

Im kommenden Jahr möchte der Diakonieverein damit beginnen, sein Projekt intensiv zu bewerben. Vor allem müssen Mitarbeiter gefunden werden. Also Menschen, die sich vorstellen können, auf Abruf bereit zu stehen, um kranke Kinder kurzzeitig zu pflegen. Wenn alles gut geht, könnte zu Beginn des Schuljahres 2014/2015 der Startschuss fallen.

Mit seinem Projekt möchte der Diakonieverein freilich das tun, wofür er 1955 als Krankenpflegeverein einst gegründet wurde: helfen. Aber es geht auch darum, langfristig das Überleben des Vereins zu sichern. Mit rund 1400 Mitgliedern aus Möhringen, Sonnenberg und dem Fasanenhof ist er derzeit zwar noch einer der größten Vereine auf den Fildern. Doch 400 Mitglieder sind älter als 80 Jahre und nur 200 Mitglieder jünger als 60 Jahre. Mit dem neuen Service will der Verein wieder attraktiver für jüngere Menschen und insbesondere Familien werden. Der Diakonieverein ist offiziell der Förderverein der Diakoniestation. Er versteht sich in erster Linie als Solidarverein und knüpft dort an, wo die Finanzierung durch die Pflegekassen aufhört. Denn in bestimmten Situationen brauchen Menschen mehr Zeit und Zuwendung als mit der Pflegekasse abgerechnet werden kann. Der Differenzbetrag wird dann vom Diakonieverein übernommen.