Die Großwildjagd von König Juan Carlos empört viele Menschen weltweit. In Botswana dagegen wäre man froh, er hätte bei seinem Abenteuer einen Elefanten getroffen.

Botswana - In Spanien und ganz Europa mag man darüber entsetzt sein, dass König Juan Carlos im südafrikanischen Botswana auf Elefantenjagd ging. In Botswana selbst aber ist man höchstens darüber enttäuscht, dass der Monarch keinen Dickhäuter schoss, weil sich seine Hoheit zuvor im Bad die Hüfte brach. Denn auf diese Weise kam der botswanische Staat nicht nur um seine bis zu 60 000 Dollar einbringende Trophäensteuer, es wurde auch nichts für die ökologisch notwendige Dezimierung der Jumbos getan, die mit ihrem Heißhunger zumindest Teile des südlichen Afrikas in eine Ödnis zu verwandeln drohen.

 

Das botswanische Okavangodelta sowie der daran angrenzende Moremi- und Chobe-Tierpark sind die dichtestbesiedelten Elefantenhabitate der Welt. Hier lebt mit 150 000 Jumbos ein Viertel aller Dickhäuter des Kontinents: In manchen Gebieten kommen 50 Exemplare auf einen Quadratkilometer – angesichts des schier unstillbaren Hungers (bis zu 200 Kilogramm Grünzeug pro Tag) und Durstes (täglich mindestens 200 Liter Wasser) des größten Landsäugers der Welt wird dessen Umwelt dadurch vor unlösbare Probleme gestellt. Selbst die dicksten Elefantenfreunde warnen davor, dass sich der Schutzerfolg der Riesen in ein Desaster zu verwandeln droht: „Wenn wir nichts gegen die Überbevölkerung tun, wird sie katastrophale Konsequenzen haben“, sagt Mike Chase von der Schutzorganisation Elephants without Borders.

Im Kaza-Park werden sich 230 000 Dickhäuter tummeln

Ganze Elefantenfamilien umzumähen, wie es die Verantwortlichen der Nationalparks im südafrikanischen Apartheidstaat einst getan haben, kommt als Lösung der Überbevölkerung heute nicht mehr infrage: Ein internationaler Aufschrei und Tourismusboykotte des von Besuchern abhängigen Subkontinents wären die Folge. Bessere und vor allem akzeptablere Erfolge versprechen sich die Naturschützer von der Entfernung der Zäune und Öffnung der Staatsgrenzen – damit die Elefanten wie einst wieder über Hunderte von Kilometern wandern können. Im Fünfländereck zwischen Botswana, Namibia, Sambia, Angola und Simbabwe entsteht derzeit mit dem Kaza-Park das – nach Grönland – größte Naturschutzgebiet der Welt. Die auch mit deutschen Geldern (KfW-Entwicklungsbank und deutschem WWF) unterstütze Einrichtung soll mit 350 000 Quadratkilometern fast so groß wie Deutschland werden: Auf dem Jumbo-Territorium werden sich bald 230 000 Elefanten tummeln, weit mehr als ein Drittel aller Dickhäuter des Kontinents. Dann wird die Elefantendichte allerdings nicht einmal mehr ein Exemplar pro Quadratkilometer betragen: 50-mal weniger als im Jagdgebiet des spanischen Königs.

Die Entfernung der Zäune bringt allerdings auch neue Probleme mit sich. Die im gesamten Kaza-Gebiet lebenden rund 1,2 Millionen Menschen müssen mit den Dickhäutern einen irgendwie gearteten Frieden finden: ein Unterfangen, das ob des Hungers und der Kraft der Jumbos nicht ohne Gefahren ist. Elefantenpatrouillen versuchen die Rüsseltiere mit Tröten, Trommeln und sogar Chili-Bomben in Schach zu halten, damit sie weder in die Dörfer noch auf die Felder gelangen – und zwar täglich 24 Stunden lang und sieben Tage die Woche. Das macht kein Mensch freiwillig und ohne finanziellen Anreiz.

Jäger leisten in Südafrika einen Beitrag zum Naturschutz

In Namibia wird schon seit Jahren das Konzept der „Gemeindeschutzgebiete“ ausprobiert: lokale Initiativen, die für den Schutz der Bevölkerung und der Elefanten verantwortlich sind und für ihre Bemühungen mit einem Anteil aus den Lizenzabgaben von Hotels oder der nur in bestimmten Teilen der Schutzgebiete erlaubten und streng kontrollierten Großwildjagd vergütet werden. Dieses Konzept – das auf dem Grundsatz beruht, dass es den Dorfbewohnern mehr nützt, wenn sie einen Modus Vivendi mit den Dickhäutern finden, statt sie zu wildern – funktioniert allerdings nur, wenn tatsächlich Einnahmen aus der Jagd fließen: eine Bedingung, die ob der enormen Kosten der Großwildjagd nicht selbstverständlich ist. Jedenfalls können die Jäger im südlichen Afrika für sich in Anspruch nehmen, was ihnen sonst kaum irgendwo abgenommen wird: dass sie scheinbar paradoxerweise mit ihrer Jagd „einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz leisten“, wie der simbabwische Ökologe und Elefantenfreund Russell Taylor einräumt.

Namibias Tourismusministerin Netumbo Nandi-Ndaitwah hat jedenfalls kein Verständnis für selbst ernannte Tierfreunde, die aus grundsätzlichen Gründen gegen die Jagd im südlichen Afrika mobilmachen. „Ich wünschte, diese Leute kämen mal hierher und schauten sich die Situation mit eigenen Augen an“, sagt die Ministerin: „Ich bin mir sicher, dann hätten wir zumindest ein Problem weniger.“ Zumindest im südlichen Afrika braucht sich König Juan Carlos für seinen Jagddrang also nicht entschuldigen – höchstens dafür, dass er den eigentlichen Zweck der Reise ob seines Sturzes schließlich doch verpasste.