Vom 10. bis zum 23. März bieten die 6. Stuttgarter Kriminächte wieder einen spannenden Querschnitt durchs Genre. Unter anderem sind Auflagenkönigin Nele Neuhaus, Kritikerliebling Friedrich Ani und Ex-Bankräuber Reiner Laux zu Gast.

Stuttgart - Wer denn die besten deutschen Krimis schriebe, darüber gehen die Meinungen auseinander. Aber wer die steilste Karriere im hiesigen Krimiboom hingelegt hat, ist längst keine Frage mehr: Nele Neuhaus. Die 1967 in Münster geborene Autorin hat ihre ersten Bücher in den Jahren 2005 und 2006 noch im Selbstverlag herausgebracht. Danach wurde sie von Ullstein unter Vertrag genommen und brachte es mit ihren Taunuskrimis bislang auf eine Gesamtauflage von fünf Millionen Exemplaren.

 

Dass Kritiker sie anfangs gar nicht beachteten und dann zur Zielscheibe von Witzeleien darüber machten, dass sie mit einem Fleischfabrikanten verheiratet war, hat ihr eher geholfen. Der Snobismus der Kultureliten gibt der Mehrzahl der Leser das Gefühl, da sei „eine von uns“ am Werk. Mit einer Lesung von Nele Neuhaus im Friedrichsbau-Varietétheater beginnen am Dienstag, dem 10. März, die 6. Stuttgarter Kriminächte. Und standesgemäß für eine Auflagenkönigin ist diese Veranstaltung schon ausverkauft.

Kleine Räume, wenig Karten

Das kennt man von früheren Kriminächten, bei denen im Endspurt des Vorverkaufs stets viele Veranstaltungen das Etikett „Ausverkauft“ aufgeklebt bekamen. Der organisierende Verein meidet schon mal zu Gunsten der Atmosphäre größere Hallen und weicht in kleinere Räumlichkeiten aus. Für die Lesung von Thomas Raab im Krematorium auf dem Pragfriedhof am 21. März gibt es keine Karten mehr, auch die den regionalen Autoren gewidmete „Nacht der langen Messer“ im Buchhaus Wittwer ist ausverkauft.

Krimis sind eben noch immer der Deutschen liebste Lektüre, wobei es die Festivalorganisatorin Ursula Sobek vermeidet, das Programm nach verkaufter Auflage zusammenzustellen. Auch in diesem Jahr hat man sperrige Autoren im Programm, relative Neulinge und originelle Veranstaltungsformen für alte Bekannte.

So kommt der Kritikerliebling Friedrich Ani, der schon zweimal den Stuttgarter Krimipreis erhalten hat, nicht mit einem neuen Buch, sondern mit einem Hörspiel im Gepäck. Am 17. März um 19.30 Uhr kann man im Planetarium vorab zwei Folgen der noch nicht gesendeten sechsteiligen SWR-Reihe „Das Verschwinden der Maria Aschbrenner“ hören. Anis Münchner Ermittler Tabor Süden verschlägt es dabei in den Schwarzwald. Ani und der Regisseur Ulrich Lampen werden erzählen, wie es zuging bei der Produktion.

Echte und ausgedachte Verbrechen

Bis zum 23. März werden etwa mit Jan Seghers (12. März, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek Bad Cannstatt), Zoran Drvenkar (am 13. März um 20 Uhr in der Rosenau) und Bernhard Jaumann (19. März, 19.30 Uhr, Linden-Museum) zwar mehrheitlich Schriftsteller lesen, die sich ihre Verbrechen ausgedacht haben. Mit Reiner Laux (18. März, 20 Uhr, Altes Feuerwehrhaus) aber erzählt wenigstens einer von eigenen Grenzüberschreitungen. In „Hinter blauen Augen – Bekenntnisse eines aufrechten Bankräubers“ schildert Laux, wie er zwischen 1985 und seiner Verhaftung 1995 zehn Geldhäuser überfallen hat.

Interessant und zur Nachahmung empfehlenswerter könnte auch der Abend „Das große Umlegen“ (20. März, 20 Uhr, Merlin) werden. Das Trio Sprech & Schwefel wird Geschichten des Hard-Boiled-Klassikers Dashiell Hammett als Live-Hörspiel aufführen, der Zeichner Stefan Dinter dazu vor den Augen des Publikums Illustrationen fertigen. Daraus könnte ein Gesellschaftsspiel werden.

Ein Afroamerikaner in Kenia

Am selben Abend tritt um 19.30 Uhr im Scala Esslingen der einzige nicht auf Deutsch schreibende Autor der Kriminächte auf, der 1971 in den USA geborene und dort lebende, aber in Kenia aufgewachsene Mukoma wa Ngugi. Der Sohn des lange schon als Nobelpreis-Kandidaten gehandelten Ngugi wa Thiong’o stellt seinen zweiten Krimi „Black Star Nairobi“ vor, in dem ein afroamerikanischer Ex-Polizist in Kenia als Privatdetektiv arbeitet. Mukoma greift ein sehr aktuelles Thema auf, das Gefühl afroamerikanischer Amerikaner, noch immer ungeliebte Fremde in der eigenen Gesellschaft zu sein. Manchmal drücken Krimis eben dort, wo es weh tut.