Flügelkämpfe und gegenseitige Anfeindungen prägen den Landesparteitag der AfD. Wirtschaftsliberale und Nationalkonservative stehen sich gegenüber. Kann die Partei mehr als nur Protest?

Karlsruhe - Peter Hauk zählt zu den Liberalen in der Südwest-CDU, doch zuletzt mimte der scheidende Chef der Landtagsfraktion in Sachen Asylpolitik den Hardliner. Auf der Klausurtagung seiner Fraktion plädierte er für mehr Härte. Menschen, deren Antrag auf Asyl nicht bewilligt werde, sollten konsequent abgeschoben werden – auch im Winter. „Sorry, wir haben ihnen auch nicht gesagt, dass sie im Winter kommen sollen.“

 

Der barsche Ton ist wohl auch der Konkurrenz geschuldet, die der CDU am rechten Rand des Parteienspektrums erwachsen ist. Dort versucht die AfD jenen Boden zu besetzen, den die von Angela Merkel durchmodernisierte und nach links verschobene CDU preisgegeben hat. In den zurückliegenden Landtagswahlen hatte die AfD dabei Erfolg. Deren Bundessprecher Bernd Lucke sagte am Wochenende auf dem AfD-Landesparteitag in Karlsruhe voller Genugtuung: „Wir stehen so gut da, dass wir nur noch die Trauben pflücken müssen, die gar nicht so hoch hängen.“

Protestparteien kommen und gehen

In der CDU nimmt man den Erfolg der AfD und deren – innerparteilich nicht unumstrittenen – Versuch, sich in der Pegida-Bewegung eine massenwirksame Basis zu schaffen, mit Sorge wahr – und reagiert zumindest rhetorisch. Nein, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, widersprach Volker Kauder, der ansonsten bis zur Unkenntlichkeit loyale Chef der Bundestagsfraktion, seiner Kanzlerin. Noch hoffen die Christdemokraten, das Thema AfD werde sich von selbst erledigen, so wie das zuletzt den Piraten widerfuhr und – auf Länderebene – den rechtsradikalen Republikanern in Baden-Württemberg oder der Schill-Partei in Hamburg. Im Südwesten haben sowohl CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf wie auch Landesparteichef Thomas Strobl eine Koalition mit der AfD nach der Landtagswahl ausgeschlossen.

Protestparteien kommen und gehen. Sie werden nicht um ihrer selbst willen gewählt, sondern nach den Konjunkturen der Unzufriedenheit. Der AfD-Bundessprecher Bernd Lucke weiß das, weshalb er sich auf dem AfD-Landestreffen mühte, die Politik der AfD inhaltlich zu unterfüttern; womit im Kern die Kritik am Euro gemeint war. Die europäische Währung werde früher oder später scheitern. „Die Situation ist alarmierend“, befand Lucke, „und wir haben es gesagt.“ Breiten Raum nahmen auch seine Äußerungen zum Islam ein, die allerdings in keiner Weise geeignet waren, den nationalkonservativen Teil der Partei zufriedenzustellen. Lucke bezeichnete den Koran als zeitgebundenes Gründungsdokument einer Weltreligion, dessen theologischer Kern historisch-kritisch freigelegt werden müsse. Das sei Aufgabe eines modernen Islam. Mit Blick auf die Pegida-Demonstrationen fügte Lucke hinzu: „Schilder mit durchgestrichener Moschee gehen nicht.“ Zugleich aber plädiert er dafür, Pegida nicht auszugrenzen.

Zweifel an der Westbindung

Die Wahl Bernd Kölmels zum alleinigen AfD-Landessprecher schien in Karlsruhe auf eine Richtungsentscheidung zu Gunsten einer seriös grundierten Politik hinzudeuten – auch wenn Kölmel einen eher verhuschten Eindruck erweckte. Doch der Anschein täuscht. Das große Wort führten auf dem Parteitag die Nationalkonservativen. Deren Gegenkandidatin zu Kölmel, die Zahnärztin Christina Baum brachte es bei der Wahl des künftig alleinigen Landesvorstandssprechers immerhin auf 198 Stimmen. Kölmel erhielt 333 Stimmen.

Baum zeigte sich besorgt über die geringe Geburtenrate und warnte vor einem „schleichenden Genozid“ an den Deutschen, den die Grünen mit ihrer offensiven Zuwanderungspolitik begehen wollten. Zugleich äußerte sie ihre Skepsis an der Westbindung der Bundesrepublik. Der Stuttgarter Alexander Beresowski verlangte eine vollständige Assimilation aller Migranten. Zur Gleichstellung von Frauen und Männern sagte Eugen Ciresa aus dem rechtsgewirkten Kreisverband Ulm, diese sei „objektiv unmöglich“. Frauen sollten nicht „mit Privilegien zu Lasten von Männern ausgestattet“ werden. Gegenseitige Lügenvorwürfe, Kritik an der fehlerhaften Kassenführung und Berichte über Parteiausschlussverfahren gaben dem Parteitag ein unerfreuliches Gepräge. Der Bericht des Vorsitzenden des Parteischiedsgerichts über die zahlreichen innerparteilichen Streitereien wurde per Parteitagsbeschluss abrupt beendet. Offenkundig konnte man das eigene Elend nicht mehr ertragen.

Für CDU-Landeschef Thomas Strobl erhellt sich daraus: „Die AfD hat in Wirklichkeit nur ein Thema: sich selbst.“ Mit nichts anderem beschäftige sich die Partei. „Außer diesem Thema bietet sie nur billigen Populismus und spielt mit den Ängsten der Menschen. Mit solchen Leuten ist wahrlich kein Staat zu machen.“