Die Kliniken im Land sagen zu, an möglichst allen Häusern unabhängige Fürsprecher einzuführen. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen Land und Krankenhausgesellschaft ist jetzt unterzeichnet.

Stuttgart - Rund 40 Patientenfürsprecher gibt es in baden-württembergischen Krankenhäusern, in Zukunft sollen es deutlich mehr werden. Dazu haben die Staatssekretärin im Ministerium für Soziales und Integration, Bärbl Mielich (Grüne), und der Hauptgeschäftsführer der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Matthias Einwag, eine Vereinbarung unterzeichnet. „Ziel ist es, an jedem Krankenhaus im Land einen Patientenfürsprecher einzurichten“, sagt die BWKG-Pressesprecherin Annette Baumer. Ein fester Zeitplan wurde nicht fixiert. 240 Krankenhäuser gibt es laut Statistischem Landesamt in Baden-Württemberg.

 

Patientenfürsprecher stehen den Patienten und deren Angehörigen im Krankenhaus als unabhängige Ansprechpartner zur Verfügung und übernehmen bei Bedarf eine Mittlerrolle zwischen Patient und Klinik. Sie arbeiten ehrenamtlich und sind meist im Rentenalter. „Vom Seelsorger bis zum Staatsanwalt, Patientenfürsprecher können alle möglichen Personen sein“, so Baumer. Meist hätten die Fürsprecher entweder durch berufliche oder private Erfahrungen einen Bezug zum Krankenhaus.

Zeit haben für die Patienten und für deren Sorgen

So auch Peter Häußer. Der 73-Jährige arbeitete die letzten elf Jahre seines Berufslebens als Klinikseelsorger am Uniklinikum Tübingen. „In dieser Zeit habe ich die Notwendigkeit gesehen, dass Patienten Unterstützung brauchen, und zwar von einer unabhängigen Stelle“, sagt Häußer. Oft fehle den Klinikmitarbeitern die Zeit, dadurch entstünden Missverständnisse und Kommunikationsprobleme. Deshalb ist Häußer seit dem Eintritt ins Rentenalter vor fünf Jahren als Patientenfürsprecher am Tübinger Uniklinikum tätig.

Er sieht seine Aufgabe vor allem darin, Zeit zu haben: „Patienten brauchen Zeit zu verstehen und zu verarbeiten. In einem Gespräch sortiert sich dann vieles und man kann in Ruhe überlegen, was die nächsten nötigen Schritte sind.“ Besonders erinnert er sich an Fälle, bei denen der Verdacht eines Klinikfehlers im Raum stand. „Das ist dann immer schwierig, wenn keiner kommt und dazu steht“, sagt Häußer: „Die Patienten wünschen sich, dass sich jemand entschuldigt.“ Er helfe damit, die Patienten zu ermutigen, die Sorge offen anzusprechen: „Das löst dann einiges und oft verschwindet dann der Wunsch nach Klage.“

Sozialministerium trägt vorerst die Kosten

Staatssekretärin Mielich verweist auf die hohe Komplexität des Krankenhausbetriebes. „Um in diesem Umfeld dem Anspruch des mündigen Patienten, der eigenverantwortlich und selbstbestimmt an der Behandlung mitwirkt, gerecht zu werden, brauchen wir deutlich mehr Patientenfürsprecher“, sagt sie. Um das zu erreichen hat die „Arbeitsgruppe Patienten“ des Ministeriums ein Konzept für die Fortbildung von Patientenfürsprechern erstellt. Die Fortbildung soll neue Interessenten auf ihre Tätigkeit vorbereiten und die, die bereits im Einsatz sind, in ihrer Arbeit unterstützen. Die Kosten dafür trägt vorerst das Sozial- und Integrationsministerium, langfristig sollen die Krankenhäuser die Kosten selbst übernehmen.

BWKG-Geschäftsführer Matthias Einwag warnt allerdings davor, die Krankenhäuser wie in anderen Bundesländern zu einem Patientenfürsprecher zu verpflichten. Er will weiterhin auf Freiwilligkeit setzen. „Die Institution des Patientenfürsprechers muss im Krankenhaus akzeptiert sein und wir müssen für die Position die jeweils passende Persönlichkeit finden“, sagt Einwag. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, arbeiteten die Fürsprecher erfahrungsgemäß erfolgreich und engagiert.

Verdi fordert professionelle Patientenfürsprecher

Die Gewerkschaft Verdi begrüßt es, Patienten eine neutrale Anlaufstelle anzubieten. Allerdings wird aus ihrer Sicht dafür „eine professionelle Anlaufstelle mit entsprechend ausgebildeten Ansprechpersonen benötigt“, betont Gewerkschaftssekretär Jürgen Lippl: „Nur so können in der Bearbeitung von Patientenanfragen wie auch in der Aufbereitung der gewonnenen Erkenntnisse einheitliche Standards erreicht werden.“ Es fehle erkennbar am politischen Willen, an der Personalsituation in den Kliniken etwas zu ändern.

Lippl weiter: „Solange sich die Politik allein an der Kostenstabilität der klinischen Versorgung orientiert, läuft jede Form der Anlaufstelle für Patienten, unabhängig davon ob ehrenamtlich oder professionell organisiert, Gefahr, ein Feigenblatt für die bestehenden Missstände zu sein.“ Die Missstände sieht er in der mangelnden personellen Besetzung in Kliniken und der daraus resultierenden Gefährdung der sicheren Patientenversorgung.