Pfarrer Paul brauchte mehr als 25 Jahre um die Bibel ins Schwäbisch zu übersetzen. Seitdem hält er Mundartpredigten und Bibellesungen.

Wolfenhausen/Tübingen - Schwäbische Fasnetsreden, Stammtischgespräche und Comicübersetzungen im Dialekt wie bei Asterix und Obelix gibt es schon länger - die Bibel auf Schwäbisch erst seit 2008. In unserem Interview verrät Pfarrer Rudolf Paul, warum man im Dialekt näher an die Menschen kommt, wie er das älteste Buch der Welt 25 Jahre lang in seinen Dialekt übersetzte und warum man für seinen Gottesdienst weder Schwabe noch Protestant sein muss.

Wie kamen Sie auf die Idee, die Bibel auf Schwäbisch zu übersetzen?


Das ist schon lange her. Die Idee auf Schwäbisch zu predigen hatte ich im Urlaub. Da hab ich einen Pfarrer auf Plattdeutsch predigen gehört. Ich habe das viel intensiver gespürt, im Dialekt erreicht man die Leute auf einer ganz anderen Ebene.

Wann haben Sie mit der Übersetzung angefangen?


Ich habe mit der Übersetzung in den 70er Jahren angefangen, erst einzelne Evangelien und Psalme, dann das erste Testament und das erste Buch Mose. Im Ruhestand habe ich mich dann intensiv drangemacht.

Am Heiligen Abend 1972 hielt ich meine erste schwäbische Predigt. Während meiner aktiven Zeit habe ich das zwei bis drei Mal im Jahr gemacht und zu besonderen Anlässen. Seit ich im Ruhestand bin mache ich nur noch Mundart Gottesdienste und reise im ganzen Ländle herum. Im Jahr 2000 habe ich das neue Testament komplett neu auf Schwäbisch 'rausgebracht, im Jahr 2008 die ganze Bibel.

Wie gut ließ sich Ihre Übersetzung verkaufen?


Die 1. Auflage von 2000 Stück war innerhalb von vier bis fünf Monten weg. Für die 2. Auflage wurden 1000 Stück nachgedruckt, die sind auch bald weg.

Warum predigen Sie ausgerechnet im Dialekt?


Ich möchte zeigen, dass die schwäbische Mundart nicht nur für die Spaßfraktion und den Stammtisch da ist, sondern sie eignet sich auch für sehr ernste Dinge. Ich habe die schwäbische Mundart ins kirchliche Leben eingebracht.

Wo predigen Sie?


Überall, wo ich eingeladen werde, feiere ich Schwäbische Kirch. Zuletzt war ich in Aldingen bei Rottweil, Heutingsheim bei Ludwigsburg und gestern Abend habe ich eine Lesung in Butenhausen bei Münsingen gehalten. Ich predige überall im Schwabenländle.

Wie sind Sie bei der Übersetzung vorgegangen?


Ich hab aus den Urtexten übersetzt, Griechisch und Hebräisch. Wenn ich alles zusammenrechne habe ich über 25 Jahre lang in jeder freien Stunde dran gesessen. Mein jüngerer Sohn - er ist 42 - meinte, er kenne mich nur vor meiner Bibel.

Es hat früher schon mal übersetzte Teile der Bibel gegeben. Ein Pfarrer in Baiersbronn (bei Freudenstadt), der hat einige Schriften aus der Bibel übersetzt und es gibt immer wieder Versuche von anderen Pfarrern. Ich habe mich jedenfalls an den Urtext gehalten. Übersetzten heißt auch interpretieren, so wie ich es verstehe, kann ich es weitergeben damit es andere verstehen.

Planen Sie neue Projekte? Neue Übersetzungen auf Schwäbisch?


Neue Projekte eigentlich nicht. Jetzt bin ich 77 Jahre alt und immer noch viel unterwegs. Ich komme jedes Jahr auf 30 bis 35 Gottesdienste. Ich halte sie nicht nach einem Muster, sondern ich nehme den Text, der an dem Tag dran ist. Das erfordert viel Vorbereitung.

Kommen nur Protestanten zu ihrem Gottesdienst?


Ich frag die Leut nicht, ob sie katholisch sind oder evangelisch (lacht). Meine Art zu predigen ist, dass ich viel mehr die Leute ansprechen kann, die der Kirche fern stehen. Diese Leute erreiche ich so viel, viel besser als die regelmäßigen Kirchgänger. Es sind auch immer Leute, da die nicht Schwäbisch sprechen. Die sagen aber, sie hätten es gut verstanden. Ich schwätze auch kein breites Schwäbisch wie auf der Alb.

Hintergrund: Rudolf Paul und die Schwäbischa Kirch


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Pfarrer Rudolf Paul hält seit 14 Jahren seine Predigt auf Schwäbisch. Er absolvierte seine Ausbildung 1961 an einem Baptistenseminar in Hamburg, danach war er zehn Jahre lang Pastor einer Baptistengemeinde in Ratzeburg. Dann predigte Paul in Kuchen (Dekanat Geislingen), wo er mit seiner Bibelübersetzung begann. Bis zu seinem Ruhestand 1996 war der 77-Jährige in Fachsenfeld bei Aalen tätig. Heute lebt Pfarrer Paul in Wolfenhausen, Kreis Tübingen.