In Sachen Tanzmusik sind die Blue Stars im Kreis Göppingen eine Institution. Heuer kann die Band auf 50 Jahre Bandgeschichte zurückblicken und hat nach wie vor weit mehr als nur Disco-Fox zu bieten.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Kreis Göppingen - Die Zahl der Tanzbegeisterten im Kreis Göppingen, die zur Musik der Blue Stars noch nie eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt haben, dürfte gegen null tendieren. Die Band ist zwischen Alb und Schurwald omnipräsent: auf Hochzeiten, Geburtstagen und Jubiläen jeder Art ebenso wie auf Silvester-, Faschings- und Abschlussbällen oder großen Turnierveranstaltungen. „In unserer Gegend haben wir an Festen eigentlich so ziemlich alles bespielt, richtig fehlen tut uns zumindest nix“, sagt Jürgen Rothfuß, Keyboarder, Bandleader und mithin der einzige Berufsmusiker der Formation.

 

Allzu verwunderlich ist das indes nicht, können die Blue Stars heuer doch auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken. Helmut Rück und Bernd Kübler, die sich in einer Schulband an der Göppinger Uhlandrealschule ihre ersten musikalischen Meriten verdient hatten, wollten nach der mittleren Reife nicht einfach damit aufhören, aktuelle Songs zum Besten zu geben. In Karl Glaser fand sich der dritte Mann. Man tingelte mit einfachem technischen Equipment durch die Tanzcafés der Stadt, für eine Gage, die irgendwo zwischen 50 Mark und 70 Mark pro Abend lag.

Am Rande der Jugendschutzgesetze

Die Titel, die ins Repertoire aufgenommen werden sollten, wurden vom Radio aufgenommen – und gespielt wie gehört. Das Gleiche galt für die englischen Texte, die man gewissermaßen lautmalerisch interpretierte. 1967 stieß Heinz Rothfuß zu den Blue Stars – und begründete damit gewissermaßen deren Familientradition. Ein Jahr später folgte sein Bruder Wolfgang. 1977 komplettierten dann Dieter und Jürgen Rothfuß die Combo, von deren Urbesetzung nur noch der Gitarrist Bernd Kübler übrig geblieben war.

„Ganz unproblematisch war das seinerzeit nicht. Didi war gerade mal 15, und ich nur ein Jahr älter“, erinnert sich Jürgen Rothfuß. Bei Auftritten, die bis weit in die Nacht gedauert hätten, seien die Jugendschutzgesetze nicht immer eingehalten worden, fügt er lächelnd hinzu. Stress mit den Behörden habe es aber nie gegeben. Dieser sei eher im Probenraum entstanden, zu dem der Keller im Hause Rothfuß in Heiningen umfunktioniert worden war, erinnert sich der Schlagzeuger Dieter Rothfuß: „Wir waren uns nicht immer einig, wenn es um Stücke oder Musikstile ging.“

Bis 1988 waren die Blue Stars „reine Männersache“

Einig wurde man sich letzten Endes allerdings doch irgendwie, und so mischte das Quintett in den Achtzigern – und damit in den Hochzeiten der Tanzbands – im Stauferkreis munter mit. Man teilte sich die Bühnen, Turnhallen, Schulhöfe und Säle mit den Olivados, den Flamingos, den Jokers, Fleur Blue und einigen anderen Kapellen. Die meisten davon sind längst in der Versenkung verschwunden. Nicht so die Blue Stars, die wiederum bis zum Jahr 1988 reine Männersache waren.

Dann jedoch folgte ein spektakulärer „Transfer“. Ingrid Schneider, Saxofonistin und vor allem Sängerin bei Fleur Blue sowie privat ohnehin schon mit Jürgen Rothfuß liiert, wechselte die Seiten und sorgte für eine erhebliche Erweiterung des gesanglichen und musikalischen Repertoires. Tabus gab es dabei nicht – mit einer Ausnahme vielleicht. „Auf Gigs in Bierzelten sind wir nie aus gewesen. Wir machen zwar auch Partymusik, sind aber keine Partyband“, erklärt Jürgen Rothfuß.

Tanzmusik – bis heute handgemacht

Vielmehr wurde das Blue-Stars-Portfolio immer breiter – ist aber bis heute handgemacht. „Wir spielen immer noch live. Bei uns kommt nichts aus der Konserve, und es gibt auch keine vorproduzierten Elemente“, betont der 54-Jährige. Ausrüstungstechnisch und musikalisch ging es natürlich dennoch voran: „Wenn du auf größeren Tanzveranstaltungen spielen willst, solltest du nicht nur Disco-Fox können“, sagt Jürgen Rothfuß, der als Musiklehrer, als Chorleiter beim Heininger Liederkranz und als Kirchenmusiker ohnehin eine Vielzahl an Klaviaturen beherrscht.

Einen Einschnitt gab es bei den Blue Stars dennoch. 2008 zog sich das Gründungsmitglied Bernd Kübler in den verdienten musikalischen Ruhestand zurück. 2011 hörte Wolfgang Rothfuß gesundheitsbedingt auf. Ihm folgte Frank Engelhardt nach. Rund 50 Auftritte absolviert das Quartett als Tanzband pro Jahr. Hinzu kommen Konzerte, in denen sich die Bandmitglieder anderen Genres widmen. Jazz und Soul stehen auf dem Programm, häufig in Form von Benefiz-Gastspielen für soziale und andere gute Zwecke. „Die Gruppe macht alles mit, in unterschiedlicher Zusammensetzung, aber mit jeder Menge Engagement, Freude – und hoffentlich noch einige Jahre“, sagt Jürgen Rothfuß.