In Weiler bei Ebersbach ist das Dorfidyll noch in Takt. Das könnte auch junge Familien locken, meint der scheidende Ortsvorsteher Richard Grünenwald.

Region: Corinna Meinke (com)

Ebersbach - Am liebsten hätte sich Richard Grünenwald auf leisen Sohlen verabschiedet. Dass sein Ausscheiden aus dem Amt des Ortsvorstehers von Weiler, einem Teilort von Ebersbach, heute Abend ab 19 Uhr mit Reden, Musik und Stehempfang im Rahmen des Bürgerdialogs begangen wird, ist dem 71-Jährigen eigentlich zu viel Tam-Tam. Und es ist ein wenig symptomatisch, dass sich der gebürtige Weilermer so bescheiden gibt, denn auch seine Mitbürger halten nicht allzu viel von aufgesetzten Neuerungen und nichts von Dingen, die ihnen übergestülpt werden sollen, hat der scheidende Schultes festgestellt.

 

Früher sahen sich die Weilermer als Anhängsel

Deshalb gibt es in dem idyllisch gelegenen Flecken bis heute keinen Weihnachtsmarkt. Man könnte ja meinen, die Weilemer wollten es den Nachbarorten gleichtun, erklärt Grünenwald diese Haltung. Genau 25 Jahre saß der Sohn des früheren gleichnamigen Bauernschultes Richard Grünenwald von Weiler im Ortschaftsrat seiner Heimatgemeinde, davon viele Jahre als stellvertretender und schließlich als eigentlicher Ortsvorsteher. Er habe einige Diskussionen erlebt, in deren Verlauf solche Anfragen schnell wieder verstummten, berichtet Grünenwald, der kein Mann der schnellen Antworten ist und sich die Weilermer Seele so erklärt: Früher sahen sich die Menschen in Weiler als die Benachteiligten und Anhängsel des Nachbarortes Roßwälden. Vor allem wohl, weil in Roßwälden das Pfarrhaus für den Geistlichen steht, der auch die Weilermer betreut. Neidisch sei man auf die dortigen Läden gewesen und überhaupt zählte der Nachbarort halt doppelt so viele Köpfe.

Begabte Musiker und aktive Vereine

Heute hätten sich die Weilermer damit längst abgefunden. Sie seien stolz auf ihren Ort und die gute Gemeinschaft, die ein Bürgerhaus samt Jugendraum und Kaffeetreff hervorgebracht hat, sich bei den Backtagen im Backhaus sowie beim Maibaumaufstellen zeigt und sich nicht zuletzt im regen Vereinsleben widerspiegelt, erklärt Grünenwald. Und weil es so viele begabte Musiker im Ort gibt, haben sie dort sogar schon einmal die Operette „Der Wildschütz“ zu Gehör gebracht.

Auch der frühere Bauer, später dann Mathematik- und Biologielehrer Richard Grünenwald, der in seinem Geburtshaus wohnt, hat musikalisch etwas zu bieten: Er spiele mit der Mundharmonika nur ein triviales Instrument entschuldigt er sich, und dass er im Flecken auf Familienfeiern mit seiner Drehorgel immer gern gesehen ist, erwähnt er nur nebenbei.

Weiler will für junge Familien attraktiv bleiben

Seine Dienstzeit in der nahen Verwaltungsstelle ist zwar am 30. September zu Ende gegangen, doch Grünenwald beobachtet die Entwicklung in Weiler weiter mit großem Interesse, denn gerade erst hat der Dorfentwicklungsprozess „Weiler übermorgen“ begonnen. In dem moderierten Verfahren gab es zwei Workshops, in denen die Bürger die Situation im Ort analysiert und Zukunftspläne geschmiedet haben. Dabei geht es um die künftige Nutzung leer stehender Hofstellen und Baulücken und um die Frage, wie der Ort, der seinen dörflichen Charakter erhalten konnte, auch für junge Familien attraktiv bleiben kann. Aber auch der Blick zurück sollte geschärft werden, meint Grünenwald – und setzt sich für einen Geschichtsstammtisch im Ort ein.