Wenn jede Stunde eine Geschichte erzählt, hat der Tag 24 Geschichten. Eben diese erzählen wir in einer Serie. Von 7 bis 8 Uhr stehen wir am Beckenrand des Möhringer Freibads, wenn die ersten Badegäste ihre Bahnen ziehen. Es sind meist dieselben Gesichter.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Möhringen - Um Punkt 7 Uhr ziehen die ersten fünf Badegäste bereits ihre Bahnen. Die Frühschwimmer sind eine richtig kleine Gemeinschaft. Man nickt sich zu, grüßt sich. „Man kennt sich nicht mit Namen, aber von der Schwimmbrille und vom Schwimmstil her“, sagt Frank Nowroth und lacht. Er schwimmt unter der Woche jeden Morgen im Möhringer Freibad. „1500 Meter, eine halbe Stunde, das reicht mir“, sagt er. Er schwimmt regelmäßig, um gesund zu bleiben. „Damit bin ich für den Tag gerüstet.“

 

Die Morgensonne küsst das Wasser

Während die ersten Sonnenstrahlen das Wasser küssen, dreht Simon Ciesielski eine weitere Runde auf dem Freibadgelände. Die meisten Reinigungsarbeiten der Becken sind bis zum Eintreffen der Badegäste bereits erledigt. Der Schwimmmeister trocknet noch die Sitzbänke ab, auf denen sich der morgendliche Tau niedergelassen hat, und reinigt das Becken, in dem bald die ganz kleinen Kinder planschen. Auf der Wiese nebenan zaubert der Rasensprenger einen zarten Regenbogen in die Luft. Ein Eichhörnchen huscht am Blumenbeet vorbei und in die Äste des nächsten Baumes, die friedvolle Stimmung des Morgens wird vom Gesang der Vögel untermalt. Kindergeschrei ist um diese Zeit noch keines zu hören. „Ich bin gerne schon morgens hier“, sagt Cielsielski. „Es ist noch recht ruhig, obwohl nicht selten bereits 30 Schwimmer ihre Bahnen ziehen.“ Von der kleinen Brücke zwischen der Wärmehalle und dem Schwimmerbecken hat er die Badegäste gut im Blick. Er grüßt eine der Damen und lehnt sich entspannt, aber stets mit einem wachsamen Auge ans Geländer.

Rose Günther kommt in der Freibadsaison jeden Tag. „Das ist Gesetz. Um 7 Uhr muss ich schwimmen“, sagt die Möhringerin, die bereits vor dem Freibad wartet, noch bevor die Kassen geöffnet haben. Sie genießt die Ruhe und die Sauberkeit am frühen Morgen. „Es gibt nichts Schöneres, als den Tag in der Schwerelosigkeit des Wassers zu starten“, findet Hermann Hänle. Der Möhringer kommt ebenfalls täglich. Seine Dauerkarte, sagt er, hat sich bereits im Mai bezahlt gemacht. „Man sieht immer die gleichen Gesichter. Wenn einmal einer fehlt, fällt das sofort auf“, so Hänle. Auch Julia Kruschina genießt die Morgensonne im Freibad. „Man fühlt sich gut, gleich morgens schwimmen zu gehen. Man hat das Gefühl, schon etwas getan zu haben“, sagt die Möhringerin, die in der Regel einmal die Woche auf dem Weg zur Arbeit im Freibad vorbeischaut.

Aufmerksam am Beckenrand

Der freundliche Umgang im „schönsten Bad Stuttgarts“, wie die Badegäste sagen, macht das Bahnenziehen gleich noch ein bisschen angenehmer. Auch die Mitarbeiter genießen die morgendliche Routine. „Im Großen und Ganzen kommen jeden Morgen die selben Gäste“, sagt Ciesielski. Der Schwimmmeister nimmt gerne die Morgenschicht, auch weil er am Abend als Trainer noch Schwimmunterricht gibt. Zusammen mit einer Kollegin schaut er nach den Badegästen. „So ist immer mindestens ein Paar Augen auf das Schwimmbecken gerichtet“, sagt Ciesielski.

Die familiäre Atmosphäre gefällt auch Brigitte Volz. „Ohne den Freibadbesuch fehlt etwas. Wenn ich morgens schwimmen gehe, bin ich topfit“, sagt die Echterdingerin, die seit 13 Jahren jeden Morgen ins Freibad fährt, zumeist mit dem Fahrrad. Besser könne sie nicht in den Tag starten, sagt Volz, die in der Innenstadt im Einzelhandel arbeitet. Das tut nicht nur ihr selbst gut, sondern komme auch bei ihren Arbeitskollegen und Kunden gut an. „Schwimmen und Radfahren, das ist für mich das A und O. Das gibt gleich gute Laune zum Start des Tages.“

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